"In Haiti sind mehr als 90 Prozent Anhänger von Voodoo-Kulten." So deutete Gerhard Maria Wagner neuerlich eine Naturkatastrophe als "Strafe Gottes". Er will einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass weder Gott so handelt noch die Welt so tickt. Zu Recht gab es prompte Reaktionen aus den Bischofssitzen von "kolossaler Unsinn" bis "völlig unangebracht und unverantwortlich".
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Versuche, Naturkatastrophen als "Strafen Gottes" zu deuten, sind derart weltfremd, dass sie keinen klar denkenden Menschen des dritten Jahrtausends aufregen. Wagner macht aber mit diesen Aussagen die Kirche lächerlich.
Allein schon die Vorstellung, ein Pfarrer dieses Zuschnitts könnte in dieser Kirche Bischof werden, beunruhigt. Stehen doch einige Entscheidungen an. Bereits in wenigen Wochen kann Bischof Ludwig Schwarz in Linz im zweiten Versuch eine weihbischöfliche Unterstützung erhalten. Und im Laufe des heurigen Jahres kann die Nachfolge für Paul Iby in Eisenstadt entschieden werden. Auch die Rücktritte von Egon Kapellari, Elmar Fischer und Alois Kothgasser stehen bevor.
Wie das Beispiel Wagner zeigt, ist die geheime Hinterzimmerpolitik des Vatikans zur Ernennung von Bischöfen sehr irrtumsanfällig. Autoritär diktatorisch wird entschieden. Jede Mitbestimmung der Betroffenen fehlt. Sie wird sogar bewusst ausgeschaltet. Vertrauen und Akzeptanz werden so mehr oder weniger zur Glückssache.
Diese Vorgangsweise ist heute in Gegenden entwickelter Demokratien unerträglich. Mehr als 53.000 Katholikinnen und Katholiken haben nicht zuletzt deshalb im vergangenen Jahr die römisch-katholische Kirche in unserem Land verlassen. Die Plattform "Wir sind Kirche" schlägt ein anderes Modell zur Findung der Bischofskandidaten vor. Es soll alle Gläubigen der Diözese systematisch in die Entscheidung einbinden.
Die Pfarrgemeinderäte sind demokratisch gewählt. Ebenso Priesterräte, Pastoralräte oder Laienrat. Der Mangel ist: Für die Kirche haben sie nichts zu entscheiden. Aus demokratisch legitimierten Personen sollte ein die Diözese repräsentierendes überschaubares "Diözesan-Konklave" gebildet werden. Dessen Aufgabenstellung wäre dann, in einem mehrtägigen Prozess in Diskussion und mit Gebet einen verbindlichen Dreiervorschlag zu erstellen. Aus diesem soll der Papst dann den neuen Bischof für die jeweilige Diözese wählen.
Dieser Prozess sichert das Vertrauen in die Person, die Akzeptanz der Entscheidung und den Schutz der Intimität bei der Auswahl. Das Konkordat sieht eine Einspruchsmöglichkeit der Bundesregierung vor. Trotz genügend Anlass wurde davon jedoch noch nie Gebrauch gemacht. Auch diese Möglichkeit sollte bedacht werden.
Es gibt vernünftige Alternativen. Nur genützt müssen sie werden!
Hans Peter Hurka ist Vorsitzender der österreichischen Plattform "Wir sind Kirche".