Wien. Die Hinrichtung des chinesischen Geschäftsmannes Wo Weihan ungeachtet zahlreicher Gnadenappelle aus Österreich und der Europäischen Union hat eine schwere diplomatische Krise im Verhältnis zwischen Wien und Peking verursacht. Im Auftrag von Außenministerin Ursula Plassnik ist der Geschäftsträger der chinesischen Botschaft, Wang Shunqing, in das Außenministerium zitiert worden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Staatssekretär Hans Winkler bezeichnete dabei die Vorgangsweise der chinesischen Justiz als "schweren Vertrauensbruch, der durch nichts zu rechtfertigen ist", und nannte das Verhalten der Behörden gegenüber der Familie des Hingerichteten "unmenschlich". Der 60-jährige Wo, dem von der chinesischen Justiz angelastet wurde, dem taiwanesischen Geheimdienst "Staatsgeheimnisse" verkauft zu haben, hatte mehrere Jahre in Österreich gelebt, seine Töchter sind Österreicherinnen.
"Es gab kein faires Verfahren", unterstrich der Generalsekretär der Österreich-Sektion der Menschenrechts- und Gefangenenhilfe-Organisation Amnesty International, Heinz Patzelt. "Da kann man mit Gewissheit sagen, dass Folter im Spiel war", sagte er der Tageszeitung "Die Presse" . Auch der österreichische UN-Sonderberichterstatter für Folter, Manfred Nowak, hatte bei früheren Anlässen hervorgehoben, dass in der Volksrepublik gefoltert wird. Staatssekretär Winkler ließ offiziell mitteilen, nach den dem Außenministerium vorliegenden Informationen seien "im Verfahren nicht nur internationale menschenrechtliche Standards verletzt wurden, sondern auch die EU und die Familienmitglieder durch falsche und widersprüchliche Informationen irregeleitet worden".
"China hat durch diese unmenschliche Handlung sein Ansehen in Österreich schwer beschädigt", hob der Staatssekretär hervor. Diese diplomatische Krise ist die schwerste nach jener von 1991, als der Dalai Lama in Wien von der gesamten österreichischen Staats- und Regierungsspitze empfangen worden war. 1993 hatten erfolglose Versuche Pekings, die Teilnahme des tibetischen Exil-Führers an der UNO-Menschenrechtskonferenz in Wien zu verhindern, zu einem weiteren gravierenden Zerwürfnis zwischen Österreich und China geführt.
Der französische EU-Ratsvorsitz hat die Exekution von Wo Weihan noch am Freitag "auf das Schärfste" verurteilt. Besonders empörend sei, dass die Hinrichtung während des EU-China-Menschenrechtsdialogs erfolgt sei. Sie untergrabe "den Geist des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts, der für diesen Dialog notwendig ist", hieß es in einer Erklärung. Pekings Haltung müsse aus der Sicht der gesamten EU geradezu als "vorsätzlicher Affront" angesehen werden, erklärte Außenministerin Plassnik am Freitag. Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hatten sich ebenso wie die EU-Kommission und der EU-Ratsvorsitz bei der chinesischen Staatsführung mit großem Nachdruck für Wos Begnadigung eingesetzt.
Die Volksrepublik China müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, mit der Hinrichtung "besonders menschenverachtend" vorgegangen zu sein, erklärte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die von einer "besonders provokanten Geste" sprach. Erschüttert zeigte sich in seiner Funktion als außenpolitischer Sprecher der ÖVP-Nationalratsfraktion Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der wörtlich erklärte: "Ich bin schockiert, dass alle Gnadenappelle vom offiziellen Österreich und der EU bei der chinesischen Regierung kein Gehör fanden. Den Vollzug der Hinrichtung und die unmenschliche Art der chinesischen Behörden verurteile ich scharf."
Das chinesische Außenministerium hat die ausländischen Proteste brüsk zurückgewiesen. Das Verfahren sei "gerecht" gewesen, sagte Außenamtssprecher Qin Gang.