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Diplomatisches Aufeinanderprallen der Großmächte

Von Klaus Huhold

Politik
Chinas Verteidigungsminister Wei rüstet immer kräftiger seine Armee auf.
© Reuters / Feline Lim

Die Konkurrenz zwischen den USA und China wird immer größer - nun kommen die beiden Verteidigungsminister zusammen.


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Singapur/Wien. Einmal im Jahr trifft sich im Luxushotel Shangri-La in Singapur, wer in der asiatischen Sicherheitspolitik Rang und Namen hat. Dann begegnen einander Minister, Diplomaten, Wissenschaftler und Journalisten in den weitläufigen Konferenzsälen, Hotelzimmern, Restaurants und tropischen Gärten zu formellen und informellen Treffen. Und einem voraussichtlichen Treffen wird bei der diesjährigen Zusammenkunft, die nach zweijähriger Corona-Zwangspause ab Freitag wieder für drei Tage stattfindet, besonders viel Aufmerksamkeit zukommen: dem zwischen US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und seinem chinesischen Amtskollegen Wei Fenghe.

Sicherheitspolitik ist in Asien ohne die USA nicht zu denken, die zahlreiche Militärbasen in der Region, etwa in Japan oder Südkorea, unterhalten und mit zahlreichen Staaten verbündet sind. Auf der anderen Seite steht China, das immer mehr Großmachtansprüche stellt.

Die beiden Staaten sind sich dabei immer feindlicher gesinnt: Der Ukraine-Krieg hat "das Aufeinanderprallen der USA und China als die Anführer zweier rivalisierender geopolitischer Blöcke zementiert", schreibt das "International Institute for Strategic Studies" (IISS) in einer Analyse. Während sich die USA ganz klar an der Seite der Ukraine positionierten, hielt China an seiner strategischen Partnerschaft mit Russland fest.

Gleichzeitig hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping erst kürzlich eine "Globale Sicherheitsinitiative" ins Leben gerufen, die Staaten weltweit offensteht. Offiziell soll sie den Frieden fördern. Außenminister Wang Yi beteuerte auch sogleich, dass China niemals "Hegemonie oder die Erweiterung seiner Einflussspähre" anstreben werde.

Doch genau das werfen die USA der Volksrepublik vor. Derartige mit blumigen Worten gegründete Initiativen nutze China, "um Schritt für Schritt die USA wegzudrängen", sagte ein US-Vertreter dem Magazin "The Diplomat". Die USA sehen das autoritäre China langfristig als größte Gefahr an - für den eigenen globalen Einfluss und das demokratisch-liberale Modell. So suchen die USA laut der Analyse des IISS auch den Wettstreit mit China, wollen aber eine sicherheitspolitische Eskalation vermeiden.

Pulverfass Taiwan

Doch diese droht in der Taiwan-Frage. Die Volksrepublik sieht die demokratisch regierte Insel als abtrünnige Provinz an und hat zuletzt immer mehr militärische Präsenz in der Straße von Taiwan gezeigt. Die USA pflegen bezüglich Taiwan eine strategische Ambiguität: Sie lassen sich offen, ob sie Taiwan militärisch unterstützen würden. Präsident Joe Biden hat zuletzt aber betont, dass die Insel, wenn es hart auf hart kommt, mit Hilfe der USA rechnen kann.

Zusehends bedrohlicher und heikel wird die Lage durch den Umstand, dass die Volksrepublik und die Vereinigten Staaten offenbar mit zunehmender Konkurrenz immer weniger miteinander reden, die Spitzendiplomaten auf beiden Seiten immer weniger miteinander telefonieren. Doch ein regelmäßiger, schneller und unkomplizierter Austausch wäre gerade wichtig, um bei Krisen mit Eskalationspotenzial - wie etwa die Taiwan-Frage -Fehlinterpretationen oder ein vorschnelles Handeln zu vermeiden.

Um so wichtiger ist, dass zwischen Austin und Wei in Singapur ein Gespräch stattfindet. Wobei aber kaum jemand glaubt, dass sie sich in essenziellen Punkten annähern werden - aber immerhin wäre es ein Austausch.