Wie in Salzburg ausgelagerte Gesellschaften der Stadt der Bürgerbeteiligung im Weg stehen. | Und was das mit einem Garagenprojekt zu tun hat.
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Salzburg. Feststeht nur eines: Im Salzburger Landtag geschah vergangene Woche Ungewöhnliches. Für die Grünen war es eine "Sternstunde der Demokratie", für Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden der erste Schritt in Teufels Küche. Wie weit der Arm der direkten Demokratie in Salzburg reichen soll, ist aber auch nach der Landtagssitzung, in der das Salzburger Bürgerbeteiligungsmodell beschlossen hätte werden sollen, offen.
Die Sitzung hätte nach Verhandlungen, die sich über mehrere Jahre zogen, eigentlich der Abschluss des Salzburger Modells für direkte Demokratie sein sollen. Ein Generationswechsel sorgte aber dafür, dass über das fertig verhandelte Modell, das auch international interessiert verfolgt wird, jetzt wieder diskutiert wird.
Neuer Legist: Ausgelagerte Gesellschaften auch betroffen
Denn der kürzlich neu bestellte Legist des Landes Salzburg, Paul Sieberer, hat in einer Detailfrage eine neue Sichtweise, die jener seines Vorgängers und damit auch der Politik widerspricht. In Berufung auf Artikel 118 Absatz 5 der Bundesverfassung ("Der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes - Stadtrates, Stadtsenates - und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde sind für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich.") vertritt Sieberer die Meinung, dass mittels eines Volksentscheides auch ausgelagerte Gesellschaften, an denen die Stadt Salzburg beteiligt ist, beeinflusst werden können.
Das war in dem dreistufigen Beteiligungsmodell, bei dem je nach Anzahl der Unterschriften ein Initiativantrag, eine Diskussion und ein Volksentscheid erwirkt werden können, aber nicht vorgesehen. Der Gemeinderat hat einige Bereiche von der Bürgerbeteiligung ausgenommen. Bei Personalentscheidungen, Gebühren und Verordnungen ist das auch unstrittig, bei den ausgelagerten Gesellschaften nicht.
Diese weitreichenden Befugnisse der Bürgerbeteiligung sind nicht im Sinne von Bürgermeister Schaden, der bei Änderungen des Stadtrechts auf den Gesetzgeber, das Land Salzburg, angewiesen ist. Deshalb hat der Landtag diesen Punkt vorerst ausgeklammert und bis zur Plenarsitzung am 17. Dezember ausgesetzt. Das soll der Stadt noch einmal die Möglichkeit geben, in diesem Punkt ihre Sichtweise des Gesetzes zu konkretisieren.
Formal müsste das der Gemeinderat machen, der am Mittwoch zusammentritt. Angesichts der knappen Fristen wird eine neuerliche Änderung des Gesetzes aber knapp. "Es wird sehr eng, dass man bis Mittwoch einen Weg findet. Wir müssen schauen, ob das gelingt", sagt Bürgermeister Schaden im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Was er insgesamt von der neuen Entwicklung hält, hat Schaden bereits unmittelbar nach der Landtagssitzung kundgetan: "Eine Wirkung des Salzburger Modells der direkten Demokratie auf ausgegliederte Gesellschaften war in den Verhandlungen nie ein Thema und ist für mich aus grundsätzlichen rechtlichen Überlegungen nicht denkbar."
Der SPÖ-Politiker argumentiert mit dem Handelsrecht. Organe der Gesellschaften müssten ihre Handlungen streng am Wohl des Unternehmens orientieren, Verstöße dagegen sind auch mit strafrechtlichen Folgen bedroht, so Schaden. Als Beispiele brachte Schaden den Salzburger Flughafen und die Salzburg AG, an denen die Stadt jeweils beteiligt ist.
Die Grünen als vehementeste Fürsprecher des Beteiligungsmodells und der neuen Interpretation des Landeslegisten halten dagegen, dass dem Wohl des Unternehmens natürlich auch mittels direkter Demokratie nicht geschadet werden dürfe. Außerdem könne die Stadt als Teilhaber in vielen Gesellschaften wie beim Flughafen ohnehin nicht alleine entscheiden.
Das ändert für Schaden aber nichts an der Problematik. "Dann steht ein Eigentümer gegen den anderen und das Unternehmen wird vielleicht handlungsunfähig. Da kommen wir in Teufels Küche", sagt der Stadt-Chef.
Die Grünen vermuten in der Abwehrhaltung des Bürgermeisters freilich andere Motive als die Höllenangst. Vielmehr scheint ihnen der Hintergrund zu sein, dass die Mitsprache der Bürger von den wesentlichen Entscheidungen ferngehalten werden soll. "Viele für die Stadt relevante Entscheidungen fallen in ausgelagerten Gesellschaften", sagt Klubobmann Helmut Hüttinger von der grünen Bürgerliste.
Eine Parkgarageals Anlassfall
"Warum fürchtet man sich so vor der direkten Demokratie?", fragt Hüttinger. Darauf gibt es eine vergleichsweise einfache Antwort. Dem Salzburger Modell stünde unmittelbar nach Beschluss womöglich die erste Anwendung bevor, und die hat direkt mit den umstrittenen ausgelagerten Gesellschaften zu tun.
Die Salzburger Parkgaragengesellschaft, mehrheitlich im Eigentum der Stadt, plant nach einem Gesellschafterbeschluss den Ausbau der Parkgarage im Mönchsberg. Eine Bürgerinitiative bekämpft mit Unterstützung der Grünen die Vergrößerung der Garage in einem der Salzburger Stadtberge.
Ein Bürgerbegehren zur Rücknahme des Gesellschafterbeschlusses wäre sehr wahrscheinlich. Das will sich Bürgermeister Schaden, ein vehementer Befürworter der Garage, ersparen, auch wenn keineswegs sicher ist, dass es unter den Salzburgern eine Mehrheit gegen die Garage gäbe. Bevor es so weit kommt, muss aber ohnehin das Stadtrecht geändert werden.
Schaden bezweifelt, dass es am 17. Dezember tatsächlich einen Beschluss des Landtages geben wird. "Es wäre eine unabsehbare, enorme Erweiterung des Modells. Das wird nicht von heute auf morgen passieren", sagt er. Dem Salzburger Modell der direkten Demokratie könnten also noch weitere Verhandlungsrunden bevorstehen.
Dem Plan vom Ausbau der Parkgarage im Berg droht dagegen von anderer Seite ein Ende. Ein Grundeigentümer am Mönchsberg, dessen Zustimmung für die Bauarbeiten nötig wäre, verweigert diese. "Ich bin nicht mehr umzustimmen", zitieren ihn die "Salzburger Nachrichten". Ein Bürgerentscheid der herkömmlichen Art könnte dieses Projekt also zu Fall bringen.