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Jörg Haider und Freunde haben sich von der FPÖ getrennt und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gegründet. Parteispaltungen sind nicht neu in Österreich. SPÖ-Innenminister Franz Olah gründete 1964 seine eigene Partei DFP, in den achtziger Jahren gingen Grün Alternative und VGÖ eigene Wege und das LIF trennte sich 1993 von der FPÖ. Was allen gemein ist - sie haben nicht überlebt.
Was ist aber das eigentliche Problem der Parteispaltung von FPÖ und BZÖ? Die Regierung könnte ihre eigene Mehrheit im Nationalrat verlieren und müsste sich andere Mehrheiten suchen. Ja, und? In anderen Demokratien ist das Teil des politischen Alltags. Warum die Aufregung?
In Österreich werden auf Bundesebene keine Personen sondern Parteilisten gewählt. Die Regierung stützt sich in den meisten Fällen auf eine Koalitionsvereinbarung. Das Problem dabei: Das System von checks and balances ist nachhaltig gestört.
Sehen wir uns das etwas genauer an: Bei der Nationalratswahl werden die Parteien gewählt, die sich dann in Koalitionsverhandlungen begeben. Steht dann einmal eine Regierung, hat diese auch eine Mehrheit im Nationalrat. Und hier beginnt die Crux! Der Nationalrat sollte eigentlich die Regierung kontrollieren. In Österreich ist dies kaum möglich, nahezu jede Regierungsvorlage geht durch. Nun könnte man einwenden, es gibt ja noch den Bundesrat. Dieser kann jedoch mittels Beharrungsbeschluss vom Nationalrat übergangen werden.
Was wäre zu ändern? Direktwahl des Kanzlers, der Bundespräsident wird abgeschafft. Der Nationalrat wird auf vier Jahre wie bisher gewählt. Die Abgeordneten zum Bundesrat sollten mittels direkter Mehrheitswahl (winner takes it all) gewählt werden und jedes Bundesland gleich viel Abgeordnete stellen.
Die Regierung könnte frei von allen Parteieinflüssen regieren. Natürlich ist aufgrund des Verhältniswahlrechts im Nationalrat nicht davon auszugehen, dass eine Regierung über eine absolute Mehrheit verfügt. Sie müsste sich die jeweiligen Mehrheiten suchen. Das kann funktionieren, wie der gemeinsame Beschluss beim neuen Tierschutzgesetz
(2/3 Mehrheit notwendig) bewiesen hat. Das Parlament wäre keine Abstimmungsmaschinerie mehr. Das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier wäre freier, da sie nicht mehr befürchten müssten 'ihre' Regierung auszuhebeln und auch der unerträgliche Klubzwang wäre zumindest nur mehr eingeschränkt anwendbar.
Die Vorteile für die Wähler liegen klar auf der Hand: (1) Der Kanzler wäre direkt wählbar und nicht von taktischen Koalitionsverhandlungen abhängig. (2) Die parlamentarische Arbeit wäre transparenter und nachvollziehbar. (3) Das neue System wäre minderheitenfreundlich. Der Kanzler kann auch von einer Kleinpartei kommen - Alexander van der Bellen hätte da alle Chancen - und eine Stimme für eine Kleinpartei wäre keine klassisch verlorene Stimme im Nationalrat.
Die jetzige Regierung aber zählt Abgeordnete und wird von einem Parlamentsklub unterstützt der weiterhin Freiheitlicher Klub heißt, der aber aus Vertretern des BZÖ besteht, die auch FPÖ-Mitglieder sein können. Glaubt man wirklich, dass man damit der Demokratie einen Dienst erweist? Demokratie muss einfach und verständlich sein und darf nicht von den Launen einiger Protagonisten abhängen!
Dr. Peter Hajek ist Leiter des Bereichs Politikforschung beim OGM Markt- und Meinungsforschungsinstitut