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Haberzettl macht der momentane Stillstand Sorgen. | Taten statt Lippenbekenntnissen nötig. | Wien. Die Krise des ÖGB sieht Wilhelm Haberzettl, Chef der Eisenbahnergewerkschaft, auch als große Chance für längst notwendige Veränderungen: "Sie muss genutzt werden, denn sie kommt nie wieder." Es müsse eine große Reform geben, fordert er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er bezweifelt allerdings, ob sich alle Akteure der Dringlichkeit bewusst sind. Lippenbekenntnisse gebe es wohl, aber dabei dürfe es nicht bleiben. "Der momentane Stillstand macht mir aber Sorgen."
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Radikale Schritte
Es müssten rasch radikale Schritte gesetzt werden: "Der ÖGB braucht eine demokratische Erneuerung aller Prozesse." Die direkte Wahl für wichtige Funktionen einzuführen, sei ein Gebot der Stunde. Weiters müsste es eine inhaltliche und organisatorische Neuausrichtung der Gewerkschaftsbewegung geben, um für neue Mitglieder attraktiv zu sein. Haberzettl spricht sich dafür aus, dass der Streikfonds auch weiterhin ein gut gehütetes Geheimnis bleibt - allerdings müsste zumindest das achtköpfige Präsidium über den Inhalt Bescheid wissen. "Denn dieses muss im Notfall Rechenschaft abgeben." Dass abermals gewerkschaftsferne Personen wie bisher Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner in das Geheimnis eingeweiht werden, hält der Eisenbahner-Chef für nicht denkbar.
Neue Gewerkschaft
Trotz aller Turbulenzen will er Handlungsstärke signalisieren. Deshalb wird am Donnerstag nach dreijähriger Vorbereitungsphase eine neue Gewerkschaft präsentiert: Eisenbahner (GdE), Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst (HGPD unter dem Vorsitz von Rudolf Kaske) und Handel, Transport, Verkehr (HTV unter der Führung von Willibald Steinkellner) werden ab Juli unter einem Namen und Logo auftreten. Bis zum Gewerkschaftstag Anfang nächsten Jahres wechseln sich die drei Vorsitzenden als Sprecher der neuen Arbeitnehmervertretung ab. Das Rotationsprinzip werde es laut GdE-Vorsitzendem aber nur in der Übergangs- und Gewöhnungsphase geben: "Denn danach brauchen wir eine stabile Führung."
Am Gewerkschaftstag soll der Zusammenschluss erneut abgesegnet und ein neuer Vorsitzender bestellt werden. Haberzettl erklärt, er werde jedenfalls nicht der neue Chef der fusionierten Gewerkschaft sein, sondern Sektionsvorsitzender des Bereichs Verkehr.
Wer künftig an der Spitze stehen wird, will er nicht verraten. Auch eine Nominierung als künftiger ÖGB-Chef lehnt er ab.