OECD-Kritik: Hürden für Migranten bei Jobsuche in Österreich bisher kein Thema.
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Wien. Die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt funktioniert in Österreich zufriedenstellend, ist laut OECD aber noch stark verbesserungsfähig. Im internationalen Vergleich landet Österreich im Mittelfeld, sagt Studienautor Thomas Liebig. So arbeiten in Österreich 73,7 Prozent der zugewanderten Männer, minimal mehr als im OECD-Durchschnitt (73,6 Prozent). Bei einheimischen Männern sind 78,5 Prozent erwerbstätig.
Die Arbeitslosenrate der Migranten beziffert die OECD für den Studienzeitraum mit 9 Prozent gegenüber 3,4 Prozent der "Einheimischen". Darin spiegle sich die generell gute Beschäftigung und ein günstiger Zuwanderermix: Viele kommen aus einkommensstarken Ländern und Ex-Jugoslawien - genau diese Gruppe integriere sich gut. Mit 17 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter hat Österreich OECD-weit einen der höchsten Migranten-Anteile.
Bei der Jobintegration sieht die Industriestaatenorganisation Fortschritte: So gebe es nun gezielte Weiterbildung für Berufe, in denen ein Fachkräftemangel herrscht. Dass das Arbeitsmarktservice (AMS) Menschen mit Migrationshintergrund ab 2012 als Zielgruppe definiert und gezielt fördert, sei ebenfalls positiv. Dennoch: "Das System ist irrsinnig komplex, die Zuständigkeit über vier Ministerien verteilt", sagt Liebig. Er sieht Nachwirkungen von "Sünden der Vergangenheit". Früher sei der Jobzugang für Nicht-Österreicher mit Zusatzhürden wie Arbeitsmarkttests verbaut worden.
Diese Einstellung habe sich gewandelt, heute gelte es, die Menschen rasch in den Arbeitsmarkt einzubinden. Das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche gesellschaftliche Integration, unterstreicht Sozialminister Rudolf Hundstorfer.
Sprachförderung bescheiden
Die Kritik der OECD: Besonders Frauen aus ärmeren Ländern tun sich schwer, Jobs zu finden, sagte OECD-Vizedirektor Stefano Scarpetta. In kaum einem anderen Land werden Zuwanderer so häufig für Tätigkeiten eingesetzt, die weit unter ihrer Qualifikation liegen. Österreich sollte fremdländische Bildungsabschlüsse rascher und unbürokratischer anerkennen. Die Sprachförderung habe bescheidenes Niveau und bereite die Menschen zu wenig auf die Fachsprache im Berufsalltag vor.
In Österreich haben Kinder von Zuwanderern zudem immer noch weniger Berufschancen: Sie sind viermal so häufig ohne Job und Ausbildung. Die OECD empfiehlt, dass diese schon mit drei oder vier Jahren in den Kindergarten kommen. In diesem Alter würden wichtige soziale Fähigkeiten erworben. Überdies sollten mehr jugendliche Migranten in berufsbildenden höheren Schulen, der Lehrlingsausbildung oder im öffentlichen Sektor unterkommen.
Die OECD sieht Anzeichen, dass Migranten (etwa mit fremd klingendem Namen) bei der Jobsuche diskriminiert werden. Erforscht ist das in Österreich bisher aber nicht.
Hundstorfer betonte, dass Österreich ein Einwanderungsland ist und bleibt. Das sei wichtig, weil schon 2020 mehr Menschen aus dem Arbeitsprozess ausscheiden als dazukommen. Die Mär, dass Zuwanderer Jobs wegnehmen, sei mit der Studie abermals widerlegt.