Was die EU ihren Mitgliedsländern mit zwei Richtlinien aufgetragen hat, nämlich die Bekämpfung der Benachteiligung von behinderten Menschen, harrt noch im Großteil der Mitgliedsländer seiner Umsetzung. In Österreich geht jetzt immerhin ein Gesetzesentwurf in die - wie es die Experten nennen - "Vor-Begutachtung".
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Drei Jahre hatte Österreich, so wie alle anderen Mitgliedstaaten, Zeit, die beiden Antidiskriminierungsrichtlinien - Antirassismusrichtlinie und Rahmenrichtlinie für Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - durch innerstaatliche Gesetze umzusetzen. Beide Fristen sind inzwischen abgelaufen: Die der Antirassismusrichtlinie am 19. Juli, jene der Gleichbehandlungs-Richtlinie am 2. Dezember 2003.
Inzwischen bewegt sich allerdings doch etwas. Nach heftiger Kritik von Behinderten-Organisationen, Caritas und Arbeiterkammer und einem Rüffel durch die EU-Kommission liegt jetzt ein Entwurf zum Behinderteneinstellungsgesetz vor, der am 19. Jänner 2004 in Vorbegutachtung geschickt wurde. Das Gesetz, das Diskriminierungen von behinderten Menschen im Beruf verhindern soll, sieht materiellen und immateriellen Schadenersatz vor. Sowohl unmittelbare Diskriminierung als auch mittelbare Diskriminierungen, etwa durch räumliche Barrieren, werden erfasst.
Ähnlich wie im neuen Mietrechtsverfahren werden Schlichtungsstellen eingerichtet. Weiters werden Verbandsklagen zugelassen. Im Verfahren gilt eine Beweislastumkehr zugunsten des Behinderten, der die Diskriminierung lediglich glaubhaft machen muss. "Wir hoffen, dass das Gesetz noch heuer in den Nationalrat kommt", erklärte Hansjörg Hofer, Legist im Sozialministerium bei einer Veranstaltung des Neuen Wissenschaftlichen Verlages vergangene Woche. Da sich alle Parteien den Entwurf gewünscht hätten, sei er optimistisch, dass das Gesetz spätestens mit Jänner 2005 in Kraft tritt.
"Der Entwurf ist eine gute Diskussionsgrundlage", freut sich auch Michael Krispl vom Verein Blickkontakt. Bereits im Juni 2003 haben die Selbsthilfegruppen einen ersten Entwurf vorgelegt, "ohne Anspruch auf geschliffene Legistik", wie Krispl betont. Von diesem Forderungskatalog habe der Ministerialentwurf einiges übernommen. Allerdings sehen die Behinderten-Vertreter noch Nachbesserungsbedarf etwa bei den Sanktionen für Gesetzesverstöße. "Wir vermissen etwa Unterlassungsansprüche und einstweilige Verfügungen." Weitere Verhandlungen seien nötig.
Mehr Information im Internet: http://www.gleichstellung.at
Literatur: Hansjörg Hofer (Hg.): Alltag mit Behinderung; Neuer Wissenschaftlichen Verlag 2003; 311 Seiten, 19 Euro
Staatszielbestimmung
In Art. 7 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (BVG) wurde im Jahr 1997 eine Staatszielbestimmung implementiert. Die Bestimmung lautet wie folgt (der damals eingefügte Satz ist fett gedruckt):
Artikel 7. (1) Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik ( .) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.