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Diskussion über Wahlordnung

Von Werner Reisinger

Politik

Die FPÖ-Wahlanfechtung zieht eine Debatte über eine mögliche Wahlordnungsreform nach sich.


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Wien.Die Verfassungsrichter stehen wahrlich vor keiner leichten Aufgabe. In 94 von 117 Bezirkswahlbehörden hat es laut dem 150 Seiten umfassenden FPÖ-Antrag Verstöße gegen die geltende Wahlordnung gegeben, die Vorwürfe reichen vom Öffnen der Wahlkarten vor dem Auszählen am Montag nach der Stichwahl bis zum Auszählen durch dafür unbefugte Personen. Man wolle in jedem Fall alles versuchen, um bis zur geplanten Angelobung des designierten neuen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen am 8. Juli eine Entscheidung vorzulegen, heißt es aus dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Angesichts der Fülle der Vorwürfe der FPÖ ist dies aber mehr als fraglich.

VfGH verschiebt andere Termine

Die Causa hat für den VfGH allerhöchste Priorität. Wie am Montag bekannt wurde, räumen die Verfassungsrichter für die Urteilsfindung ihren Terminkalender auf, alle geplanten öffentlichen Verhandlungen werden verschoben.

Die Höchstrichter setzen in der Causa auf größtmögliche Transparenz. Wie Christian Neuwirth, Sprecher des VfGH, am Dienstag bekanntgab, ist für die kommende Woche eine dreitägige, öffentliche Verhandlung anberaumt worden. Von Montag bis Mittwoch sollen an die 50 Vertreter der betroffenen Bezirkswahlbehörden aus verschiedenen Bundesländern als Zeugen geladen werden.

Während manche Verfassungsrechtsexperten, darunter auch der Wiener Jurist Theo Öhlinger, der FPÖ gute Chancen auf eine erfolgreiche Wahlanfechtung geben, hat der FPÖ-Antrag vor allem eines ausgelöst: eine Debatte über die geltende Wahlordnung. Die vermehrte Inanspruchnahme der Briefwahl stellt für Auszähler und Behörden eine Herausforderung dar. Einerseits herrscht - auch und vor allem aufgrund medialen Drucks - der Wunsch vor, das Ergebnis möglichst schnell bekanntgeben zu können. Andererseits führen immer mehr Briefwahlstimmen und deren Auszählung am Tag nach der Wahl zu Verzögerungen. Wieso also nicht bereits am Sonntag auch die Briefwahlstimmen auszählen, um Vorfälle wie von der FPÖ nun vorgebracht, zu verhindern? Das Argument der Bundeswahlbehörde, wonach eine Auszählung der Briefwahlstimmen am Sonntag nicht möglich sei, da dies bis spät in die Nacht oder gar bis in die frühen Morgenstunden dauern würde, lässt der Politikwissenschafter Peter Filzmair nicht gelten: "Eine bundesweite Wahl hat demokratiepolitisch einen so hohen Stellenwert, dass man sich hier auch mehr Personal leisten müsste." Auch eine Auszählung der Briefwahlstimmen bereits am Wahlsonntag würde Filzmair in Betracht ziehen. Dazu müsste man das Einlangen der Briefwahlkarten entsprechend vorverlegen: "Wähler müssten dann allerdings womöglich auf das Wahlkampffinish am Freitag verzichten", so der Politologe.

Regierung will abwarten

Filzmair sieht einen "fortgesetzten Murks mit der an sich guten Idee der Briefwahl". Diese abzuschaffen, wie das die FPÖ fordert, hält er allerdings für keine gute Idee. Die Möglichkeit der Briefwahl sei ob der verstärkten Mobilität der Wähler notwendig und würde sich auch positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken. Erste Kinderkrankheiten der Briefwahl, wie die Möglichkeit der Stimmabgabe nach der ersten Hochrechnung, seien inzwischen beseitigt worden, die Auszählungsmechanismen, Stichwort Montagsauszählung, seien aber nach wie vor nicht "klug genug geregelt".

In zweiter Linie kann sich Filzmair verstärkte Schulungen sowohl des Personals der Bezirkswahlbehörden wie auch der Wahlbeisitzer und der Wähler allgemein vorstellen. Für Wahlbeisitzer, die neben der Tätigkeit an Wahlterminen auch Schulungen besuchen sollen, kann sich Filzmair eine entsprechende Entlohnung vorstellen.

Die Regierungsspitze will indes mit einer etwaigen Reform der Wahlordnung noch bis nach dem VfGH-Urteil warten. Es hapere ohnehin eher an der Umsetzung der vorhandenen Regeln, sagte ÖVP-Vizekanzler Mitterlehner am Dienstag nach dem Ministerrat. Auch SPÖ-Kanzler Kern will weitere Schritte erst nach dem Urteil andenken. ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka lud immerhin für Mittwoch zu einer ersten Gesprächsrunde über mögliche Änderungen bei der Briefwahl ein.