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Django reitet wieder

Von Walter Hämmerle

Politik

Mitterlehner erklärt FPÖ zum Hauptgegner der Volkspartei - "Peak für Populismus" ist überschritten.


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Wien. Das Strategiedilemma der Volkspartei ist so alt wie ihr Verlust der Nummer eins, und der ereignete sich immerhin 1970. Seitdem sitzt die ÖVP in der Zwickmühle zwischen einem roten Kanzler und einer blauen Oppositionsmaschine. Dass Wolfgang Schüssel die ÖVP 2002 zurück an die Spitze führte, war so einmalig wie das damalige Wahlergebnis von 42,3 Prozent völlig unwirklich. Ein One-Hit-Wonder, eine politische Eintagesfliege.

Seitdem trat ein ÖVP-Obmann nach dem anderen an, seiner Partei einen Ausweg aus dieser strategischen Misere zu weisen. Doch egal, ob nun konstruktive Opposition (Taus) oder kantigere (Mock), ob bedingungslos Rot-Schwarz (Riegler und Busek), Schwarz-Blau (Schüssel, Molterer) oder doch wieder lieber, aus Mangel an Alternativen, Rot-Schwarz (Pröll, Spindelegger), die Lage für die ÖVP wurde nicht besser.

Kein böses Wort zur SPÖ

Am Montag nun erklärte ein sichtlich tiefenentspannter Reinhold Mitterlehner, Spitzname Django, einer kleinen Runde Journalisten seinen Weg. Im Duett mit Generalsekretär Werner Amon kürt er die FPÖ für den Rest der Legislaturperiode zum Hauptgegner der Schwarzen. Weil es hier, erstens, für die ÖVP die meisten Stimmen zurückzuerobern gebe, und, zweitens, weil die FPÖ inhaltlich und stilistisch am Holzweg unterwegs sei. "Wir haben die besseren Konzepte", so der ÖVP-Obmann. Über den Koalitionspartner kam weder ihm noch dem Parteimanager ein böses Wort über die Lippen. Stattdessen bekräftigen beide ihre Bereitschaft, mit der SPÖ konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Die FPÖ war dabei so nett, der Volkspartei quasi den aktuellen Aufhänger gleich selbst mitzuliefern: Die aktuelle Moskau-Reise der Parteispitze um Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer, Harald Vilimsky und anderen sei "zum derzeitigen Zeitpunkt völlig daneben" und "ohne jedes Gefühl". Amon spricht von einer "außenpolitischen Geisterfahrt auf dem Roten Platz". Auch er, so Mitterlehner, sehe die EU-Sanktionen gegen Russland durchaus skeptisch und plädiere für ein konstruktives Verhältnis zu Moskau, aber angesichts der Rolle des Kreml im syrischen Bürgerkrieg und der fortgesetzten Bombardierung Aleppos sei eine solche Reise indiskutabel.

Ebenfalls kritisch, aber im Vergleich schaumgebremst fiel die Reaktion von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka aus: "Ich würde das jetzt nicht machen", aber prinzipiell stehe es jeder Partei offen, Auslandskontakte zu pflegen. Der Steirer gilt als Befürworter von Schwarz-Blau und sorgte mit einer Wahlempfehlung für Hofer, die offiziell keine solche sein wollte, für Wirbel.

Die deutliche Niederlage Hofers sieht man in der ÖVP nun als möglichen Wendepunkt. "Der Peak für Populismus" sei mit Trump erreicht, vermutet jedenfalls Mitterlehner. In Frankreich etwa würden Umfragen den konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon deutlich vor Marine Le Pen, der Chefin des Front National, sehen. Und was das bisher so harmonische blaue Innenleben unter Strache angeht, so glauben manche in der ÖVP nun erste Risse zu entdecken. Etwa ziemlich handfeste Kritik aus der FPÖ Oberösterreich an der Debatte über einen möglichen/unmöglichen EU-Austritt des Landes. Dass die FPÖ der ÖVP ein zweites Mal den Gefallen einer selbst verschuldeten Implosion unmittelbar vor Wahlen tut, ist trotzdem eher unwahrscheinlich.

Dessen ungeachtet scheint es Mitterlehner, der in den letzten Monaten von etlichen Medien bereits zum alten Eisen gezählt wurde, zu gelingen, die Niederlage Hofers in Rückenwind für sich selbst umzuwandeln. Dazu haben die eher hilflosen Erklärungsversuche der FPÖ für den unerwarteten Dämpfer - "Mitterlehner ist schuld" - ebenso beigetragen, wie die absichtlichen blauen Zweideutigkeiten in puncto EU-Mitgliedschaft. Und genau bei diesem Punkt versteht die ÖVP keinen Spaß. So weit, eine generelle Koalitionsabsage an die FPÖ zu formulieren, will aber auch Mitterlehner nicht gehen: "Wir wollen uns von der FPÖ abgrenzen, sie aber nicht ausgrenzen."

Bürgermeister nach vor

Dass sich SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler Christian Kern zuletzt betont umgänglich mit Strache zeigte, wertet die ÖVP als taktisch motiviertes Manöver, das innerparteilich ein großes Risiko beinhalte. Bekanntlich fährt die SPÖ Wien einen konträren Kurs. Mit der SPÖ selbst will Mitterlehner eine konstruktive Auseinandersetzung um die nachhaltige Gestaltung und Finanzierung des Sozialstaats führen.

Innerparteilich setzt Mitterlehner auf die Stärke und Überzeugungskraft der Bürgermeister, von den insgesamt 2100 Ortschefs gehören rund zwei Drittel zur ÖVP. Auf diese Weise will der Parteichef auch die Zentrifugalkräfte der Bünde bremsen und zu einem neuen "Wir-Gefühl" in der Partei finden.

Und wann finden die Nationalratswahlen statt? Zum regulären Termin, also im Herbst 2018, ist Amon überzeugt, trotz gleich vierer Landtagswahlen (Niederösterreich, Kärnten, Tirol und Salzburg). Und die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018? "Eine Chance für jede Regierung", ist Amon überzeugt. Und mit ein bisschen Termingeschick könne die Regierung das durchaus bewältigen - und bis dahin für das Land arbeiten. Na dann.