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Doch kein US-Einsatz in Liberia

Von Ines Scholz

Politik

US-Präsident George W. Bush hat am Mittwoch in Südafrika einen aktiven US-Militäreinsatz im afrikanischen Bürgerkriegsland Liberia indirekt abgelehnt. Die Hiobsbotschaft ist ein schwerer Schlag vor dem heute, Donnerstag, beginnenden Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) in Maputo. Washington werde aber dem schwarzen Kontinent bei der Bewältigung seiner Krisen - "vom Bürgerkrieg in Liberia bishin zur Aidsbekämpfung" - zur Seite stehen, so Bush nach einem Gespräch mit dem südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki.


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Nach langer Hinhaltetaktik hat Bush am Mittwoch erstmals vorsichtig das Geheimnis über die in Aussicht gestellte US-Beteiligung an einer multinationalen afrikanischen Liberia-Schutztruppe gelüftet: Die USA würden die Truppen lediglich bei der Ausbildung sowie der Logistik unterstützen - von der Entsendung eigener Soldaten (US-Medien berichteten von 2.000 Mann), oder gar der Übernahme des Kommandos über die Eingreiftruppe ist also keine Rede. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte erst am Dienstag erneut dazu gedrängt, eine solche multinationale Schutztruppe nach Liberia zu entsenden, um einer humanitären Katastrophe zuvorzukommen. Bisher fand sich aber nur die Westafrikanische Staatengemeinschaft (ECOWAS) bereit. Sie will 3.000 Soldaten entsenden (veranschlagte Kosten: 100 Mill. Dollar). Eine Beteiligung der USA wäre wichtig, weil sie großen Einfluss auf Liberias mächtigste Rebellengruppe LURD haben. Die LURD, die bereits vor den Toren der Hauptstadt Monrovia steht, betreibt den Sturz von Präsident Charles Taylor, im Falle eines Sieges fürchten Menschenrechtsorganisationen blutige Racheakte beider Seiten an der Zivilbevölkerung.

Wie prekär die Situation ist, davon bekam ein US-Erkundungsteam, das einen möglichen Militäreinsatz Washingtons prüfte, zu Beginn der Woche bei Monrovia zu spüren: Taylors Kampfarmee hinderte die Vorhut am Besuch des Flüchtlingslagers und zwang die 10 Militärfahrzeuge zur fluchtartigen Umkehr. Bush zog nun offenbar die Konsequenzen aus dem Vorfall und erteilte einem US-Direktengagement eine Absage. Liberias Präsident Charles Taylor rief er statt dessen auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Mbeki in Pretoria eimal mehr auf, ins Exil gehen. Zudem bekräftigte Bush sein Angebot einer Milliarden-Hilfe für das südliche Afrika bei der Aids-Bekämpfung, versprach Friedensanstrengungen im Sudan, warnte vor neuen Unterschlupfnestern von Terroristen und pries Südafrika als "Kraft der Freiheit, Stabilität und des Fortschritts". Bushs Besuch, der ihn am Nachmittag auch mit Wirtschaftsvertretern zusammenführte (das Volumen der US-Exporte nach Südafrika hat sich seit 1994 mit 3,7 Mrd. Dollar fast vervierfacht), war von anti-amerikanischen Protesten überschattet; Ex-Präsident Nelson Mandela war der Begegnung mit dem Texaner durch eine Auslandsreise entronnen.

Holprige Suche nach Einheit - nach dem Vorbild der EU

In Mosambiks Hauptstadt Maputo beginnt heute, Donnerstag, das zweite Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU). Im Mittelpunkt steht die Umsetzung der Beschlüsse des Gründungsgipfels in Durban zur Schaffung von Institutionen nach EU-Vorbild. Dazu zählt vor allem der AU-Friedens- und Sicherheitsrat, der weit reichende Kompetenzen für die Konfliktlösung auf dem Kontinent bishin zur Militärintervention erhalten soll.

Umstritten ist die Entscheidung über den Sitz des zu schaffenden panafrikanischen Parlaments. Um den Zuschlag wetteifern Libyen und Südafrika. Eine Niederlage musste Libyens Revolutionsführer Muammar Gaddafi bereits einstecken: der von ihm protegierte Kandidat für den AU-Kommissionsvorsitz wurde von den meisten Staaten abgelehnt - der Interimsvorsitzende, der Äthiopier Amara Essy, zog seine Kandidatur zurück. Damit ist der Weg frei für den allgemein favorisierten Kandidaten, Malis Ex-Präsidenten Alpha Omar Konare.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Finanzierung der AU, die von der aufgelösten OAU Schulden durch nicht gezahlte Mitgliedsbeiträge in Höhe von 42,4 Mil. Dollar übernahm. Das Jahresbudget der AU wird auf 41 Mil. Dollar veranschlagt. Auch ein neues Mitglied, das 53., wird in Maputo aufgenommen: Madagaskar.