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EPU sollen weiter gestärkt werden - Streit um Streichung des Selbstbehalts.
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Wien. Sie darf nicht krank werden, nicht auf Urlaub gehen und schon gar kein Kind bekommen. Zumindest war dies noch vor zwanzig Jahren der Fall, als sich nur wenige Frauen in die Selbständigkeit wagten, sprich ihr eigenes Unternehmen führten - und das allein, als Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Heute liegt der Frauenanteil der EPU in Wien bei 40 Prozent.
Insgesamt sind 60 Prozent der Wiener Unternehmen Ein-Personen-Unternehmen. Sie finden sich quer durch alle Branchen. Die am stärksten repräsentierte darunter ist laut Wiener Wirtschaftskammer (WKW) die Dienstleistungsbranche und hier vor allem der Beratungsbereich. Gefolgt von der Gruppe der Informationstechnologie und Werbung. Der typische Wiener EPU ist 37 Jahre alt und wollte sein eigener Chef sein. Hat sich die Situation der EPU zwar schon sehr verbessert - etwa wurde das Mutterschutzgeld erhöht -, gibt es dennoch Kritikpunkte.
Katharina Scichilone führt ihr Unternehmen "Rollerstop" seit dem Jahr 2007. "Wenn es ein Problem gibt, dann ist es der Versicherungsdschungel", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Das System der Sozialversicherungsanstalt (SVA) sei undurchschaubar. Die Höhe der Versicherungsbeiträge kann die Existenz eines Unternehmens schon mal gefährden, vor allem dann, wenn die Firma nur von einer Person geführt wird und keine Mitarbeiter hat. "Man zahlt rückwirkend und voraus." Da sei eine große Summe auf einmal fällig. Ansonsten sind laut Scichilone die Rahmenbedingungen für EPU in Wien vernünftig.
. . . dann höhere Beiträge
Dass der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Fritz Strobl eine Streichung des 20-Prozent-Selbstbehaltes bei einem Arztbesuch für EPU fordert, davon hält die WKW nichts. "Eine Befragung bei der SVA, bei der 118.000 Personen mitgemacht haben, hat ergeben, dass 82,9 Prozent für die Beibehaltung des Selbstbehalts sind", heißt es aus der Kammer. Wenn der Selbstbehalt wegfallen würde, gebe es natürlich auch höhere Beiträge.
Immerhin wurden seit dem Jahr 2012 zahlreiche Maßnahmen gesetzt. So wurde das Wochengeld mit Anfang des Jahres fast verdoppelt. Das Krankengeld für Selbständige wurde eingeführt. Und noch heuer umgesetzt werden soll die Möglichkeit, dass die SVA-Beiträge innerhalb von drei Jahren gezahlt werden können. "Damit fällt die plötzlich anfallende große Summe von Rück- und Vorauszahlungen weg", hieß es.
Doch noch weitere Änderungen sollen kommen. Die Wirtschaftskammer fordert für EPU, dass Wirtschaftsgüter bis zu 1000 Euro im ersten Jahr von der Steuer abgesetzt werden können. Ebenfalls sollten Büros im Wohnungsverband steuerlich geltend gemacht werden können. Die Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung soll an die Geringfügigkeitsgrenze der Arbeitnehmer angeglichen werden.
Nach einer Umfrage der WKW sind es zehn Prozent, die in die Selbständigkeit gedrängt wurden. Die große Mehrheit hat sich dazu freiwillig entschlossen. So wie Katharina Scichilone, für die sich ihre Selbständigkeit in Wien "in Summe gut" anfühlt.