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Die Kosten der Migrationswelle gehören ehrlich auf den Tisch gelegt und deren Finanzierung muss offengelegt werden.
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Wann immer in Österreich jemand für ein mehr oder sehr oft auch weniger berechtigtes Anliegen Geld vom Staat will, ist mit absoluter Verlässlichkeit ein Argument immer wieder zu hören: "Das wird sich eines der reichsten Länder Europas ja wohl noch leisten können."
Egal, ob es um Subventionen bäuerlicher Betriebe geht, den Ausbau irgendeiner Sozialleistung oder, wie derzeit, die Kosten der Migrationsbewegung: "Das wird sich eines der reichsten Länder Europas ja wohl noch leisten können." Auf den Wohlstand der Republik zu verweisen, ist das politische Äquivalent zu einem Royal Flush beim Pokern - dagegen ist argumentativ kein Kraut gewachsen. Irgendjemandem irgendeine finanzielle Forderung an die Allgemeinheit abzuschlagen, erscheint so stets hart und herzlos und wird mit sozialer Ächtung bestraft.
Leider ist dieses Argument nicht nur das mit Abstand am öftesten gebrauchte, es ist auch eines der törichsten aus dem diesbezüglich ja durchaus üppigen Fundus des politischen Diskurses.
Denn dabei wird regelmäßig ausgeblendet, dass "eines der reichsten Länder Europas" heuer 30 Millionen neue Schulden macht, und zwar pro Tag, Samstage und Sonntage inbegriffen. 30 Millionen neue Schulden pro Tag, ohne die das Land seine Ausgaben nicht bedecken könnte; was die finanzielle Belastbarkeit des Landes doch in einem etwas anderen Lichte erscheinen lässt.
Es ist deswegen durchaus legitim, auch die Frage nach der mittelfristigen Finanzierbarkeit der Kosten der Zuwanderung nach Österreich zu stellen und auf eine seriösere Beantwortung als "in einem der reichsten Länder" zu pochen. Deutschland etwa kalkuliert derzeit mit rund 10 Milliarden Euro, ein nicht eben zu vernachlässigender Betrag. Weder zusätzliche Lehrergehälter oder Wohnraumbeschaffungskosten noch ansteigende Kosten der Grundsicherung werden so zum Verschwinden zu bringen sein. Und sich die Sache heute einfach schönzurechnen, um dann in ein paar Jahren erst recht Farbe bekennen zu müssen, wird vor allem jenen nutzen, deren argumentativer Horizont sich auf ein tumbes
"Ausländer raus!" beschränkt.
Ein Staat, der Tag für Tag um 30 Millionen mehr ausgibt, als er einnimmt, hat nur drei Optionen, zusätzliche Kosten zu bedecken: durch niedrigere Ausgaben, durch höhere Einnahmen im Wege von Steuern und Abgaben oder durch zusätzliche Schulden. Deshalb wäre jetzt nicht ganz uninteressant zu wissen, welche dieser drei Möglichkeiten Österreich wählen wird - und vor allem, was das ganz konkret an weniger staatlichen Leistungen und/oder höheren Abgaben für welche Bürger bedeutet.
So zu tun, als könnten die Kosten der Migration zum Verschwinden gebracht werden wie das Kaninchen in einer Tingeltangel-Show, wird das in dieser Frage ohnehin schon schwer beschädigte Vertrauen der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit der politischen Klasse noch weiter erheblich beschädigen.
Was übrigens auch dadurch nicht besser wird, dass nun überlegt wird, diese Kosten aus der Berechnung des Defizits (nach den sogenannten Maastricht-Kriterien) einfach herauszurechnen. Davon verschwinden sie nämlich leider nicht, nicht einmal "in einem der reichsten Länder Europas".