Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Als junger Mann schrieb Heimito von Doderer in sein Tagebuch, er habe genug gelesen, jetzt wolle er selbst zu schreiben anfangen. Allerdings benutzte er das Verb "schreiben" nicht, sondern machte von einer Metapher Gebrauch: "Ich will mir", so drückte er sich aus, "meine eigene Musik machen."
Dass die Musik-Metapher nicht willkürlich gewählt war, erfuhr man am Ostermontagabend in "Ö1 extra": In einem ausführlichen Feature wurde Heimito von Doderers Liebe zur Musik in einer Intensität hörbar gemacht, die auch im Rundfunk selten ist: Zwei Stunden lang lasen sehr gute Sprecherinnen und Sprecher wunderschönste Texte Doderers zum Thema Musik. (Kurz war auch der Dichter selbst burgtheatralisch deklamierend zu hören.) Man durfte sich über das satirische Porträt der "psychoanalytischen Clavicembalistin" Fräulein Wiesinger aus den "Dämonen" amüsieren, konnte jenen Moment wortlosen Entzückens nachempfinden, den René von Stangeler in der "Strudlhofstiege" beim Anhören des Fis-Dur-Sonate von Robert Schumann erlebt -, und vieles mehr.
Im Hintergrund wurden die Stücke gespielt, von denen in den Texten die Rede war. Das Finale bildete Doderers Lieblingsmusik: Beethovens 7. Symphonie. Sehr stimmungsvoll alles, anregend, geistreich. Wer jetzt ausruft "Naja, typisch Wienerisch halt!", hat irgendwie Recht, sei aber daran erinnert, dass der ORF die schöne Doderer-Huldigung vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) übernommen hat.