Viele der Finanz-Tycoons sitzen in Hongkong. | Aber auch am Festland der Volksrepublik wächst Gruppe der Schwerreichen. | Nach der Krise steigen Mega-Vermögen wieder. | Der greise Hongkong-Chinese schlägt alle: Li Ka-shing, 81, hat es mit Container-Terminals, als Kosmetikketten-Besitzer, Stromversorger und Immobilienentwickler zu einem Vermögen von 21 Milliarden Dollar gebracht und ist - auch wenn es vor der Krise, 2008, noch 32 Milliarden waren - nach wie vor der reichste Mann in der Volksrepublik China. Ka-shing ist auch Präsident der mächtigen Hutchinson Whampoa Gruppe, die in Österreich einen Ableger ihres Mobilfunkanbieters "3" betreibt.
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Die einstmals britische Kronkolonie Hongkong, die Mitte 1997 an China abgetreten wurde, bietet schon seit jeher einen optimalen Nährboden für Finanzmagnaten. Heute gibt es in der kapitalistischen Oase rund 30 Dollar-Milliardäre, die in den vergangenen Jahrzehnten beträchtlichen Reichtum angehäuft haben. So etwa hält der 82-jährige Lee Shau Kee, der auf 18,5 Milliarden Dollar eingeschätzt wird, als Nummer zwei Aktien an PetroChina, China Shenhua Energy sowie ChinaLife. Er ist obendrein Chairman von Hong Kong & China Gas und kann sich freuen, dass sich der Aktienkurs seiner Henderson Land Development im Vorjahr verdoppelt hat.
Auch ein Österreicher dabei
Zum Club der Superreichen zählt auch der 70-jährige gebürtige Linzer Helmut Sohmen. Er heiratete vor mehr als vierzig Jahren die Tochter des steinreichen Reederei-Tycoons Yue-Kong Pao, dem die weltgrößte Schiffsflotte gehört hatte. Heute ist Sohmen Chairman der BW-Gruppe (früher: Bergesen Worldwide), die 140 Tankschiffe besitzt. Sohmen bringt laut US-Magazin "Forbes" 1,4 Milliarden Dollar auf die Waage.
Die 40 reichsten, oft auch recht betagten, Hongkong-Chinesen sind alles in allem 135 Milliarden Dollar schwer. Sie mussten jedoch nahezu alle der Wirtschaftskrise schweren Tribut zollen. Nach massiven Einbußen geht es aber wieder bergauf: Im vergangenen Jahr hat fast jeder Zweite sein Vermögen erneut um zumindest 50 Prozent ausweiten können.
Hongkongs Superreiche sind besonders stark im Immobilienbusiness engagiert - etwa die Brüder Thomas und Raymond Kwok, die gerade das höchste Gebäude in Hongkong, das International Commerce Center, fertig stellen. Die Betuchten setzen sich gerne mit international beachteten Deals in Szene - Li Ka-shing etwa hat kürzlich 100 Millionen Dollar in den russischen Aluminiumkonzern Rusal investiert. Und sie bauen in der Boom-Town Shanghai Wolkenkratzer und Highways und profitieren von der wirtschaftlichen Dynamik im Reich der Mitte. Der kommunistische Supermarkt hat in den letzten Jahren, insbesondere ab 2007, zahlreiche Mega-Kapitalisten hervorgebracht: In China (ohne Hongkong) gibt es derzeit laut "Forbes" nicht weniger als 72 Dollar-Milliardäre - abgesehen von den USA mehr als in jedem anderen Land der Welt. Auf ein Vermögen von mehr als 300 Millionen Dollar werden bereits rund 400 Personen eingestuft, die den Aufstieg aus zum Teil einfachsten Verhältnissen geschafft haben.
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Der Primus am chinesischen Festland ist mit einem geschätzten Vermögen von sieben Milliarden Dollar Zong Qinghou. Er löste damit den bis dahin als reichsten Festland-Chinesen geltenden Wang Chuanfu, größter Shareholder und Vorsitzender des Elektroauto- und Batterieherstellers BYD, ab, der vor zwei Jahren 5,4 Milliarden Dollar schwer gewesen sein soll und seither abgebaut hat.
Wang Chuanfu, 44-jähriger Ex-Mitarbeiter eines staatlichen Forschungsinstituts, der gemeinsam mit seinem Cousin Lu Xiangyang bei Elektroautos Weltmarktführer werden will, ist damit genauso wohlhabend wie der Wiener Immobilien-Sammler Karl Wlaschek als reichster Österreicher.
Mit Softdrinks in die Politik
Der heute 64-jährige Zong hatte in seiner Jugend auf einem Salzfeld gearbeitet und ist 1986, ohne eine großartige Ausbildung genossen zu haben, in Hangzhou Verkaufsdirektor einer Fabrik geworden. Alsbald begann er mit dem Verkauf von Milchdrinks an unterernährte Schüler, was sich als profitable Idee erwies. Zwei Jahre später gründete Zong eine eigene Produktionsstätte für Getränke, kaufte eine Konservenfabrik auf und erfand ein Kohlensäure-Getränk - Future Cola -, das rasch zum Renner wurde.
1996 gelang es ihm, mehrere Joint Ventures mit Danone zu formen, die ihm die Exklusivrechte zur Produktion und Vertrieb von Säften und Softdrinks unter dem Label Wahaha sicherten. Allerdings kam es alsbald zu Spannungen zwischen den beiden Partnern. Endgültig zerstritt sich Zong 2007 mit dem französischen Goliath, der ihm die Verletzung einer Wettbewerbsklausel und Betrug vorwarf. Der Chinese sah sich mit einer Klagsflut konfrontiert, musste als CEO zurücktreten und geriet zu allem Überfluss wegen angeblicher Steuerpetite in die Schlagzeilen - dabei soll es um umgerechnet 43 Millionen Euro gegangen sein.
Letztlich ging für ihn aber alles gut aus: Der Self-Made-Milliardär wusch sich mit einer Steuernachzahlung rein, behielt gegen Danone vor Gericht die Oberhand und kehrte wieder auf den Chefsessel seines Unternehmens zurück. Heute setzt der Wahaha-Konzern, der längst größter Getränkehersteller der Volksrepublik ist, mit 20.000 Mitarbeitern 6,3 Milliarden Dollar um. In den letzten Jahren waren Umsatzsprünge bis zu 70 Prozent keine Seltenheit.
Mittlerweile ist Zong auch Abgeordneter im Nationalen Volkskongress, dem am Papier höchsten Staatsorgan, das beispielsweise den Staatspräsidenten und den Staatsrat wählen darf. Er profitiert somit von der engen Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft. Die einstige Planwirtschaft hat nämlich nur bedingt einer freien Marktwirtschaft Platz gemacht, sodass der Staatssozialismus in China mit einem autoritären "Kader-Kapitalismus" gleichzusetzen ist.
Die erfolgreichsten Unternehmer der Volksrepublik verfügen meist über beste Beziehungen zu den Mächtigen. Häufig verdanken sie diesen auch ihren Reichtum: Von den mehr als 3000 Chinesen, die über ein Privatvermögen von mindestens 100 Millionen Yuan (14,6 Millionen Dollar) verfügen, sind, wie der China-Kenner Carsten A. Holz 2007 ausführte, rund 90 Prozent Söhne und Töchter hoher Parteifunktionäre. Die Superreichen mischen zugleich gerne in politischen Angelegenheiten mit - so wie der 87-jährige Multimillionär Tang Hsiang Chien, der sich darüber freuen darf, dass es sein Sohn in Hongkong zum Regierungschef gebracht hat.
Chinas Neo-Milliardären kommt zum einen zugute, dass mit Beschluss des Volkskongresses von 14. März 2004 die Abschaffung des Privateigentums rückgängig gemacht und der Schutz von privatem Vermögen in der Verfassung verankert wurde. Zum anderen profitieren sie davon, dass sich die Kommunistische Partei längst nicht mehr als Klassenpartei betrachtet, sondern eine Partei für alle Chinesen sein will - am Parteitag 2005 wurde beschlossen, dass sie sich künftig für Bauern, Arbeiter und Unternehmer zuständig fühlen werde.
Schon wesentlich früher war man von der unter Mao Zedong eingeführten Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild und ihren einstmals utopischen Visionen schrittweise abgerückt. Unter Deng Xiaoping wurden ab 1979 in mehreren Provinzen Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, deren Zweck es war, mit einer liberalen Wirtschaftspolitik zu experimentieren sowie ausländisches Kapital und Know-how anzuziehen. Ein paar Jahre später wurden die Preise völlig freigegeben, und in den Neunzigern entwickelte sich in den Städten eine bislang unbekannte Privatwirtschaft.
Der Staat zog sich obendrein aus zahllosen seiner zumeist hohe Verluste abwerfenden Betriebe zurück, indem er sie einfach zu sperrte oder zur Privatisierung freigab. Seit China 2001 der Welthandelsorganisation WTO beitrat, öffnete sich das Land ausländischen Investoren, im Gegenzug konnten chinesische Waren verstärkt auf internationalen Märkten abgesetzt werden.
Vom grünen Licht für privat geführte, großteils börsenotierte Industriebetriebe und Konglomerate profitierten vor allem jene Top-Konzerne, die sogleich massiv über die Landesgrenzen hinaus drängten und weltweit rasch für Furore sorgten: Der Computerproduzent Lenovo etwa, der die PC-Sparte von IBM übernahm, ist mittlerweile die Nummer drei am Weltmarkt; die Haier Group wuchs zum größten Kühlschrankhersteller der Welt, die Shanghai Baosteel Group, Chinas größter Stahlhersteller, ist der fünftgrößte Branchengigant der Welt.
Start als Flaschenputzer
Die Bosse dieser Unternehmen haben, ähnlich wie der CEO der Tsingtao Brewery Group, Jin Zhiguo, der 1975 als Flaschenreiniger begonnen hatte, einen für unvorstellbar gehaltenen Aufstieg geschafft. Und sie formierten sich als neuer Geldadel in einem Land, in dem hunderte Millionen Menschen in bitterer Armut leben.
Der Wirtschaftselite Chinas gehören aber nicht nur gestandene Industriekapitäne wie der Bauernsohn Lu Guanqiut an, der den Autozulieferer Wanxiang lenkt - auch etliche Junge haben es auf unterschiedliche Weise geschafft.
Der einstige Zolloffizier Xian Yang etwa stieg ins Kohlegeschäft ein und kann mit 36 auf eine Menge Kohle stolz sein. Ma Huateng indes, gerade 38, verdankt seiner auf Internet-Chats spezialisierten Firma Tencent ein Vermögen von 3,6 Milliarden Dollar. Auf diesem Level hält auch der 41-jährige Robin Li, der mit seiner im Jahr 2000 gestarteten Suchmaschine Baidu vom Abzug des Rivalen Google aus China enorm profitiert. Jack Ma wiederum gründete 1998 mit 60.000 Dollar Startkapital das Business-Portal Alibaba, das mittlerweile 17.000 Mitarbeiter beschäftigt, den Investoren, darunter Yahoo, viel Freude bereitet und den inzwischen 45-jährigen Gründer zum Dollar-Milliardär machte.
Erst 29 Jahre alt ist Li Zhaohui. Er hat die Stahlgruppe Shanxi Haixin bereits vor sechs Jahren, als sein Vater erschossen wurde, übernommen. Der Jung-Chairman, der auf eine Milliarde taxiert wird, hat im Jänner eine berühmte chinesische Schauspielerin geehelicht. Noch ein Jahr jünger, also erst 28, ist Yang Huiyan, eine typische Erbin, die der von ihrem Vater geführten Immobiliengesellschaft Country Garden in Guangdong ein geschätztes Vermögen von 3,4 Milliarden Dollar verdankt. Als sie 2007, knapp vor dem Börsegang der Gruppe, die Familienaktien übernommen hatte, galt sie mit 16 Milliarden sogar als reichste Chinesin.