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Am Dienstag beginnt das Amtsenthebungsverfahren im Senat. Es gilt als chancenlos.
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Kommenden Dienstag wird das Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump im US-Senat behandelt. Die Chancen, dass dort die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit für die nachträgliche Absetzung von Trump erreicht wird, sind äußerst dünn, womöglich sogar inexistent. 17 Republikaner müssten dafür mit den Demokraten stimmen, aber nur fünf zeigten sich bisher dafür offen.
Weshalb das Impeachment den Demokraten - und den paar versprengten Republikanern - so wichtig ist, obwohl Trump nicht mehr im Amt ist, hat nicht nur etwas mit Psychohygiene zu tun, sondern mit äußerst pragmatischen Gründen. Bei einer Verurteilung kann Trump verboten werden, jemals wieder für ein Amt auf Bundesebene zu kandidieren. Dazu bräuchte es sogar nur eine einfache Mehrheit im Senat. Und damit wäre das Gespenst Trump 2024 gebannt. Er dürfte nicht kandidieren, und damit würde ein großes Wählerreservoir, das von Trump gehoben wurde, wieder zu den Nichtwählern hinüberwandern. Die den Moderaten unbequemen Rechtsextremen, Verschwörungstheoretiker und Staatsverweigerer würden bei der nächsten Wahl wohl mehrheitlich zu Hause bleiben, wenn ihr Idol nicht mehr die Massen anheizt.
Dieser Ball wird sich allerdings nicht über die Bande des Impeachments spielen lassen. Dafür sorgt die oben erwähnte notwendige qualifizierte Mehrheit.
Aber auch wenn der Ausgang des Verfahrens klar ist, lohnt sich ein näheres Hinsehen dennoch. Denn es präsentiert sich ein Sittenbild, wie sehr Fakten und Ethik immer weniger greifbar scheinen und Macht und Parteiräson den Platz freimachen.
Vor dem Hintergrund, dass das Verfahren ihm nichts anhaben kann, wollte Trump die Gelegenheit nutzen, um einmal mehr seine Lügen über den Wahlausgang im Kongress zu verbreiten - im Wissen, dass diese Verteidigung von allen TV-Stationen gesendet wird. Dabei hat gerade Trumps unwahre Behauptung, er habe die Präsidentenwahl gewonnen, den Sturm auf das Kapitol ausgelöst.
Dieses Herumtrampeln auf den Gesetzen war selbst seinen Anwälten zu viel. Vergangene Woche legte Trumps juristisches Team das Mandat zurück. Ihr Ruf war den Anwälten offenbar zu kostbar, als dass sie mit der Verteidigung des Sturms auf das Kapitol in Verbindung gebracht werden wollten. Zur Erinnerung: Trump hatte damals seine Anhänger deutlich und mehrfach dazu aufgefordert, am 6. Jänner in Washington zu erscheinen und einen nicht näher definierten Druck auf die Parlamentarier auszuüben. Diese waren gerade dabei, den Wahlsieg von Trumps Kontrahenten Joe Biden zu zertifizieren.
Das Ergebnis jenes Tages: fünf Todesopfer, viele Verletzte und wohl unzählige posttraumatische Belastungsstörungen von Abgeordneten, die tatsächlich um ihr Leben fürchteten. Und noch etwas wurde immer deutlich sichtbarer: eine republikanische Partei, die nicht willens war, den Angriff auf die Demokratie in Bausch und Bogen zu verurteilen.
Und nicht nur das: Diejenigen Republikaner, die es wagten, Trump in Frage zu stellen, werden von einigen offen als Verräter beschimpft.
Kein Ausscheren aus der Partei: Für uns oder gegen uns
Bestes Beispiel ist die republikanische Abgeordnete Liz Cheney. Sie hatte sich im Repräsentantenhaus für eine Amtsenthebung Trumps ausgesprochen. Daraufhin rumorte es derart in der Partei, dass sich Cheney dazu entschloss, eine Abstimmung über ihre Position in dem Führungsgremium der Republikaner anzusetzen. 145 Parteikollegen votierten zwar für Cheney, aber immerhin 61 Republikaner wollten sie aus dem Amt entfernen. Nur, weil sie für Trumps Impeachment gestimmt hatte. Deren Motto ist klar: Entweder für uns oder gegen uns. Es ist eine Botschaft, die von Trump und seinem Team schon lange ausgesendet wird.
Verschwörungstheoretiker bleiben salonfähig
Wo die Leidenschaft der Republikaner derzeit liegt, ist bei einer anderen Personalie sichtbar. Bei der republikanischen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene. Diese Politikerin ist nämlich sogar ein paar Republikanern unangenehm, aber nicht genug, um sie von Posten zu entfernen. Taylor Greene hat in der Vergangenheit erklärt, dass Waldbrände von jüdischen Laserstrahlen aus dem All verursacht werden, und dass blutige Schießereien an High Schools niemals stattgefunden haben. Auf einem Mund-Nasen-Schutz der Politikerin prangt fett der Schriftzug: "Trump hat gewonnen."
Gegenüber den Republikanern, die sie mehrheitlich gegenüber den Demokraten verteidigt hatten, ruderte Taylor Greene zuletzt ein wenig bei manchen Verschwörungstheorien zurück - und bekam in jenem Meeting glatt Standing Ovations von einigen ihrer Kollegen.
Es nützte nichts. Die Demokraten haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus, Taylor Greene wurde in der Nacht auf Freitag aus den diversen Ausschüssen entfernt. 199 Republikaner waren dagegen, nur elf Konservative votierten mit den Demokraten.
Angesichts des Zustands der Republikaner ist es mehr als klar, dass es bei der Verteidigung von Trump im Senat nicht um juristische Wahrheitsfindung geht, sondern dass auch dieses Impeachment (wie auch sein erstes vor einem Jahr) aus Parteikalkül abgeschmettert werden wird.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Trumps neues Anwaltsteam die Verteidigung auf einem formalen Fehler aufbauen will. Trump könne nicht des Amtes enthoben werden, weil er gar nicht mehr im Amt ist. Deswegen sei das ganze Verfahren verfassungswidrig.
Ein Argument, das so nicht stimmt. Wenn auch in der Vergangenheit noch nie ein Präsident erfolgreich des Amtes enthoben wurde, so ist das Verfahren schon für Beamte in höheren Positionen verwendet worden - auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses.