Zum Hauptinhalt springen

Donald Trump und die Verteidigung der imperialen Lebensweise

Von Ulrich Brand

Gastkommentare
Ulrich Brand ist Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, das den Kongress "Gutes Leben für alle" von 9. bis 11. Jänner 2017 an der Wirtschaftsuniversität Wien mitveranstaltet.

Politischen und ökonomischen Eliten fällt kaum mehr ein, als autoritär zu agieren und Konsequenzen ihres Handelns auf die Gesellschaft abzuwälzen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Trotz vieler Proteste wurde Donald Trump vom Wahlgremium zum nächsten Präsidenten der USA gewählt. In ihm drückt sich die tiefe Krise der neoliberalen Globalisierung aus. Diese beginnt bereits 2008. Den politischen und ökonomischen Eliten fällt seither kaum mehr ein, als autoritär zu agieren. Sie versuchen insbesondere, die negativen Konsequenzen ihres Handelns auf die Gesellschaft abzuwälzen. Am deutlichsten wurde das im Zuge der Bankenrettungen, als die Vermögenden geschont wurden. Der Staat hat Schulden und Risiken übernommen und muss nun Einschnitte im sozialen Netz vornehmen.

Trumps Wahlsieg, der Brexit und das Erstarken rechtsextremer Parteien sind nur der deutlichste Ausdruck, dass die neoliberale Globalisierung ihre Versprechen von mehr Wohlstand für alle - oder zumindest für viele - nicht erfüllt. Doch wir sollten in der Krise der Globalisierung diese nicht schönreden. Das Versprechen nach mehr Wohlstand ist nur kurzzeitig aufgegangen: Etwa in der Vorstellung vieler US-Bürger, ihre kreditfinanzierten Häuschen wären wirklich viel wert - bis zum Platzen der Hypothekenblase 2007/2008.

Die liberale Globalisierung der vergangenen 30 Jahre bestand im Kern darin, die imperiale Produktions- und Lebensweise in den Industriestaaten zu vertiefen.

Abbau von Zöllen, Liberalisierung der Finanzmärkte, Produktionsverlagerung und Veränderung internationaler Arbeitsteilung bedeuteten auch einen intensiveren Zugriff auf die billige Arbeitskraft in anderen Ländern und die natürlichen Ressourcen der Welt. Und mit dem Aufstieg der Schwellenländer haben deren Ober- und rasch wachsenden Mittelschichten diese Lebenswiese übernommen.

Das westliche Produktions- und Konsummodell soll verallgemeinert werden - das verschafft dem Kapitalismus eine unglaubliche Dynamik. Es beinhaltet für die Bevölkerung und selbst für die vom Abstieg bedrohten Menschen einen materiellen Kern: In anderen Ländern unter schlechten sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellte Produkte sichern einen gewissen Wohlstand. Auch der künftige US-Präsident wird das, aller Rhetorik zum Trotz, nicht zurückdrehen. Er wird ein paar Leuchtturmprojekte schaffen, um zu zeigen, dass sich im "Rust Belt" wieder Industrie ansiedelt. Apple wird aber nicht mehr in den USA produzieren, sondern weiterhin unter sozial und ökologisch fragwürdigen Bedingungen in anderen Weltregionen.

Wir wissen: Die imperiale Lebensweise ist aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar. Sie wird künftig zu weiteren Krisen und mehr Ausschluss führen, zu stärkerem Klimawandel und ökologischer Zerstörung. Gleichzeitig wird sie autoritär durch den Brexit, Angela Merkel und Donald Trump, aber auch durch die Regierungen der Schwellenländer verteidigt.

Eine solidarische Lebensweise, die auf einem gerechten, friedlichen und ökologisch umsichtigen Miteinander basiert, entsteht politisch, wirtschaftlich und kulturell derzeit eher in Nischen, durch soziale Experimente und im Ringen um ein Verständnis von sozial-ökologischem Wohlstand jenseits von "Wachstum, Wachstum, Wachstum".