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Präsidenten-Schwiegersohn Jared Kushner ist der geheime Gesandte, der Talentbeurteiler und wohl der wichtigste Einflüsterer im Weißen Haus.
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Nach zwei größtenteils erfolglosen Monaten startet das Weiße Haus nun "Trump 2.0". Und eines sollte klar geworden sein: Die radikale, polarisierende Wahlkampfpolitik funktioniert als Regierungspolitik nicht so gut. Die USA sind nicht Russland oder die Philippinen. Unser System hat Bremsvorrichtungen, sorgfältig ausgearbeitet von den Gründern unseres Landes.
In den ersten beiden Monaten von Donald Trumps Amtszeit hat er sich zu oft als Aufständischer und als Zertrümmerer gezeigt, nicht als Präsident. Der Preis, den er dafür zu zahlen hat, ist hoch, denkt man an das Scheitern seiner Gesundheitspolitik. Und laut einer aktuellen Gallup-Umfrage sinkt er auf die niedrigste Zustimmungsrate, die je ein US-Präsident der neueren Zeit am Beginn seiner Amtszeit hatte.
Aber es gibt Anzeichen, dass die Botschaft bei Trumps engerem Kreis angekommen ist. Außenpolitische Pläne werden zu einer umfassenden Sicherheitsstrategie zusammengefasst. Vor großen Ankündigungen, zu Nordkorea, China, Russland und dem Nahen Osten, prüfen die Verantwortlichen, ob sich das ins Ganze fügt. Die Handelspolitik wirkt jetzt schon weniger verrückt-destruktiv als am Anfang. Eine ähnliche Koordination ist bei der Steuerpolitik dringend nötig.
Die größte Gefahr für Trump 2.0 ist Trumps impulsive, kampfbereite Art, die sich besonders deutlich darin zeigt, wie er mit den FBI- und Kongress-Untersuchungen zur russischen Einflussnahme auf den US-Wahlkampf umgeht. Der beste Weg wäre zu kooperieren und sich auf die Regierungsaufgaben zu konzentrieren. Trump macht aber weiterhin das Gegenteil.
Einen besseren Zugang, mit der Untersuchung umzugehen, hat Trumps Schwiegersohn und vielleicht wichtigster Berater Jared Kushner gefunden. Kushners Problem ist, dass er sich nach der Präsidentschaftswahl mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak getroffen hat und mit einem russischen Banker namens Sergej Gorkow, der als Vermittler zum russischen Präsidenten Wladimir Putin fungieren sollte. Kritisierte Kushner angebliches Nazi-Benehmen der Geheimdienste oder Durchsickerungen? Nein, er hat zugestimmt, vor dem Senat auszusagen. Damit will er sagen, dass er überzeugt ist, nichts falsch gemacht und daher nichts zu verbergen zu haben.
Wahrscheinlich wird er dem Senat sagen, dass er diskret einen Weg zu Putin öffnen wollte, wie er es auch in vielen anderen Fällen getan hat.
Kushner ist dabei, sich die Rolle von Trumps Henry Kissinger zu erarbeiten. Er ist der geheime Gesandte, der Talentbeurteiler, der Einflüsterer vertraulichen Rats. Er ist der Einzige im Weißen Haus, den Trump nicht feuern kann. All diese Eigenschaften scheinen mir sehr nützlich, solange Kushner sie einsetzt, um aus Trump einen besseren Präsidenten zu machen, einen, der Kompromisse schließen und regieren lernt.
Trump wird zum Verhängnis, dass er daran gewöhnt ist, ein Familienunternehmen zu leiten. Er scheint nicht zu verstehen, dass er jetzt einem öffentlichen Unternehmen vorsteht. Die US-Bürger sind seine Aktionäre. Er hat also Verlautbarungsbedarf. Er hat treuhändische Verantwortung.
Übersetzung: Hilde Weiss