Zum Hauptinhalt springen

Donna Qui-Quote

Von Clemens Neuhold

Politik

Innenministerin für fairere Verteilung von Flüchtlingen per Quote - in der EU ein Kampf gegen Windmühlen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Dahinter stecken erschöpfte Menschen und traurige Schicksale. Aber derzeit regieren in der Asyldebatte die nackten Zahlen. Mit diesen will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Druck erhöhen, die "Asyl-Krise" zu lösen.

Sie legt sich diese Woche nicht nur mit sechs Bundesländern an, die zu wenig Asylwerber unterbringen sowie mit 1800 Bürgermeistern, die gar keine Asylwerber in ihrem Ortsgebiet wollen; sondern auch mit der Mehrheit der EU-Länder, die eine bessere Aufteilung der Flüchtlinge auf Europa blockieren.

Den Bundesländern rechnet Mikl-Leitner vor, dass alleine in den vergangenen fünf Wochen 9000 Menschen einen Asylantrag stellten, die Länder aber weniger als 3000 Personen aufnahmen. Das heißt, dass der Bund mehr als 2000 Personen stellvertretend für sie betreut, die sich zu einem fairen Ausgleich verpflichtet haben. Deswegen hat die Innenministerin den Ländern ein Ultimatum bis Freitag gestellt, geeignete Quartiere bereitzustellen. Bleibt die Schieflage bis dahin bestehen, wird sie Asylwerber per Verordnung in Kasernen unterbringen, die Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) ihr zugesagt hat. Infrage kämen fürs erste Vomp in Tirol, Bleiburg in Kärnten, Tamsweg in Salzburg sowie Horn in Niederösterreich.

Derzeit kommen Salzburg, das Burgenland und Kärnten ihrer Quote am wenigsten nach. Das heißt aber nicht, dass sie ihre Ländergrenzen gegenüber Asylwerbern dichtmachen. Sie alle nehmen deutlich mehr Personen auf als noch vor einem Jahr, nur steigt die Zahl der Syrer, Afghanen oder Iraker, die um Asyl ansuchen, derzeit nirgends so stark wie in Österreich. Aus Sicht der Innenministerin liegt das daran, dass Österreich Anträge sehr rasch erledigt, nämlich innerhalb von vier Monaten, während Länder wie Frankreich bis zu zwei Jahre benötigen. Außerdem ist die Grundversorgung der Asylwerber in Österreich vergleichsweise gut und die Anerkennungsquoten sind hoch (für Syrer 90 Prozent). Diesen "Express", wie sie es nennt, hat die Innenministerin nun gestoppt. Vorerst werden nur noch sogenannte Dublin-Fälle behandelt. Das sind Asylanträge, für die eigentlich ein anderes EU-Land zuständig ist, weil die Asylwerber dort nachweislich EU-Boden betreten haben. Derzeit sind das 1200 Fälle. Mikl-Leitner argumentiert, dass diese Fälle in drei Monaten abgearbeitet sein müssen, weil die Möglichkeit danach verfällt, die Menschen in die Ursprungsländer zurückzuschicken.

Alle anderen Fälle blieben derzeit liegen. Damit will Mikl-Leitner vor dem EU-Innenministertreffen in Luxemburg Druck auf eine zweite Asylquote machen, und zwar jene innerhalb Europas. Darauf drängen Länder mit dem höchsten Zustrom an Asylwerbern, darunter auch Österreich. Von Solidarität in der Asylfrage ist in Europa aber keine Spur. Gäbe es schon eine Quote, würde Österreich diese zu 270 Prozent übererfüllen, während Länder wie die Slowakei oder Tschechien ihrer zu fünf beziehungsweise neun Prozent nachkommen. Auf den niedrigeren Wohlstand können sich diese Länder nicht ausreden. Denn Prag oder Bratislava sind mittlerweile an der Kaufkraft gemessen reicher als Wien.

Grenzen dicht?

Viele EU-Staaten wollen sich jedoch lediglich auf einen freiwilligen Verteilungsschlüssel einlassen. "Die Vergangenheit hat gezeigt, wie gut freiwillige Systeme funktionieren", sagte eine Kommissionssprecherin. "Daher sind wir für ein verpflichtendes System." Besonders die osteuropäischen Länder wehren sich strikt dagegen. Das bringt Brüssel in eine Zwickmühle. Sie ist Wächterin über die Freizügigkeit innerhalb Europas. Doch zuletzt hatte Frankreich die Kontrollen am italienischen Grenzübergang Ventimiglia wiedereingeführt und auch die deutschen Bundesländer Sachsen und Bayern wollten die Kontrollen wieder verstärken. Am Sonntag erst hatte der Polizeichef der friaulischen Stadt Udine, Claudio Cracovia, erklärt, die Grenzübergänge nach Österreich und Slowenien vermehrt zu überwachen. Diese Länder erhöhen auf diese Weise den Druck auf eine Quote. Österreich verzichtet (vorerst noch) auf diese Drohgebärde.