Bei Verdacht dürfen Kameras installiert werden. | Zustimmung des Betriebsrates nötig. | Unzulässige | Beweise vor Gericht. | Wien. Muss ein krimineller Arbeitnehmer die Kosten für seine Überwachung zahlen? Aufwendungen zur Verhinderung eines Schadens sind ersatzpflichtig, wenn der Schädiger die Aufwendungen adäquat verursacht hat. Generelle Überwachungskosten zum Beispiel für Hausdetektive oder Videokameras können in der Regel nicht auf einen Täter überwälzt werden, da die Aufwendungen vorbeugend gemacht wurden und daher auch ohne das verbotene Verhalten des Täters entstanden wären.
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Anhaltspunkte für
strafbares Handeln
Am Arbeitsplatz ist der Ersatz von Überwachungskosten möglich, wenn Anhaltspunkte für rechtswidriges Handeln eines Arbeitnehmers vorliegen. Dem Arbeitgeber wird dann zugebilligt, sich durch geeignete Nachforschungen Klarheit über die Stichhaltigkeit dieser Verdachtsmomente zu verschaffen.
Ersatzfähig sind auch die Kosten für die weitere Verfolgung des Verdächtigen und die Sachverhaltsaufnahme.
In dem der jüngsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zugrunde liegendem Fall zu diesem Thema war die Überwachungsmaßnahme wegen eines Kassenmankos veranlasst worden.
Die Arbeitnehmerin, die beim unerlaubten Griff in die Kasse erwischt wurde, war jedoch weder zuvor im Verdacht gestanden, diese Fehlbestände verursacht zu haben, noch hatten ihre Handlungen zum Auftreten der tatsächlichen Fehlbestände geführt. Der Überwachungsaufwand war somit nicht adäquat verursacht. Zudem war die Adäquanz der sonst ersatzfähigen Folgekosten zu verneinen: Die Arbeitnehmerin hatte sich schon vor der Gendarmerie umfassend geständig gezeigt. Die vom Arbeitgeber beauftragten Schneidearbeiten, um das Material komprimiert dem Gericht vorlegen zu können, waren daher nicht erforderlich.
Verletzung der
Menschenwürde
Videokameras, die Arbeitnehmer bei ihrer täglichen Arbeit permanent aufnehmen, sind technische Systeme zur Kontrolle der Arbeitnehmer, die die Menschenwürde berühren. Dasselbe gilt grundsätzlich für die Telefonüberwachung und die Überwachung des E-Mail-Verkehrs. Die Einführung solcher Kontrollmaßnahmen bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrates.
Liegt eine Zustimmung nicht vor, dann stellt sich die Frage, inwieweit die gewonnenen Beweismittel in einem Prozess überhaupt verwertet werden können. Die herrschende Lehre geht mit geringen Ausnahmen von der Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweismittel aus. Der OGH ließ in einer Entscheidung aus dem Jahr 2001 hingegen anklingen, dass die Verwertung rechtswidrig erlangter Beweise eine Interessenabwägung voraussetzt: Der in seinem Recht auf das eigene Wort oder Bild Verletzte hat Anspruch auf Unterlassung und auf Löschung der rechtswidrig erlangten Aufzeichnung.
Stärkeres Interesse des Arbeitgebers
Dem Beweisführer obliegt der Beweis, dass er die Aufzeichnung bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruches benötigt, und dass sein verfolgter Anspruch und seine subjektiven Interessen höherwertig sind als die verletzte Privatsphäre des Prozessgegners.
Daher sollte man sich vor Gericht nicht nur auf möglicherweise unzulässige Bild-, Ton- oder elektronische Aufzeichnungen verlassen, sondern den Prozess-Standpunkt zusätzlich durch Beobachtungen von Detektiven, unverdächtigen Zeugen oder Vorgesetzten untermauern.
Die Autorin ist Wirtschaftsjuristin und Lehrbeauftragte an der Universität Graz. Der ausführliche Beitrag ist in der Arbeitsund Sozialrechtskartei (Asok) des Linde Verlags erschienen.