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Die Beschwerde wegen sexueller Belästigung brachte einer Soldatin eine nicht ehrenhafte Entlassung ein.
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Die sexuellen Übergriffe waren erst der Anfang von Emily Vorlands Alptraum. Nachdem die damals 28-Jährige im Rang eines Leutnants der US-Armee im Jahr 2009 die Vorfälle gemeldet hatte, setzte sich eine Maschinerie in Bewegung, die sie nicht nur ihre Karriere kostete, sondern ihr auch ihre Zukunft verbaute. Emily war stets eine Mustersoldatin. Sie setzte die militärische Tradition ihrer Familie in dritter Generation fort. Sie war der beste Kadett in der Grundausbildung für Offiziere. Sie habe "unbegrenztes Potenzial und wird ein herausragender Stabsoffizier werden", hieß es in ihrer Beurteilung. Alles war so weit so exzellent. Sie wurde in den Irak geschickt, doch dort begann ein ranghöherer Offizier sie zu belästigen, erzählte sie dem amerikanischen Magazin "Time". Sie berichtete ihrem Kommandanten davon, der ihr den Auftrag erteilte, sofort eine formelle Beschwerde einzureichen, was sie auch unter Beifügung von Beweis-
E-Mails tat. In dieser schweren Lage war Emily glücklich über die Hilfe ihrer Vorgesetzten und dem Offizier wurde jeglicher Kontakt zu Emily untersagt. Doch das Glück begann sich zu wenden. Denn die Ermittler in dem Fall begannen sich auf Emily einzuschießen, die auf einmal keine Mustersoldatin mehr war, sondern eine undisziplinierte Lügnerin: Sie habe ein unangemessenes Verhalten an den Tag gelegt, indem sie in gemeinsamen Einverständnis Sex mit dem Beschuldigten gehabt habe. Nun versuche sie, das Geschehene mit Lügen zu vertuschen. In jedem anderen Beruf wäre es Emily ein Leichtes gewesen, die Haltlosigkeit dieser Behauptung aufzuzeigen. Doch als Lesbe war es ihr damals aufgrund der Doktrin "Don’t ask, don’t tell" ("Frag nicht, erzähl es nicht") nicht möglich, sich zu outen. Da Homosexuelle vom Militärdienst ausgeschlossen waren, herrschte die Praxis, das Problem dadurch aus der Welt zu schaffen, dass jegliche Erwähnung oder öffentlicher Zurschaustellung dieser sexuellen Orientierung verboten waren. Emily wurde schließlich wegen "inakzeptablen Verhaltens" nicht ehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen. Dieser Makel wiederum machte es ihr so gut wie unmöglich, einen Job im öffentlichen Dienst oder bei sonstigen Arbeitgebern zu finden, die die Vorlage ihres Führungszeugnisses verlangten. Also berief sie gegen die Beurteilung. Doch das endete lediglich in erneuten Angriffen, wie sie und ihre Anwältin berichten. Emily wurde in ihren Ausführungen vor der Berufungskommission ständig unterbrochen und angebrüllt, ihrer Anwältin wiederum war es untersagt, für ihre Mandantin zu sprechen. Trotzdem sei ihnen an jenem Tag mitgeteilt worden, dass man glaube, dass sie tatsächlich sexuell belästigt worden sei. Umso erstaunter dürfte Emily gewesen sein, als ihr der Ablehnungsbescheid zugestellt wurde. Heute ist Emily Vorland ein Symbol der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" für jene Frauen und Männer, die nach sexuellen Übergriffen aus dem Militär gedrängt wurden. Dabei hat die US-Regierung unter Präsident Barack Obama eigentlich viel gegen diese Missstände unternommen und beispielsweise "Don’t ask don’t tell" abgeschafft. Doch Fälle wie jener von Emily gehören zu den Altlasten des US-Militärs und stehen als Warnung dafür Menschen wie sie nicht ein zweites Mal zum Opfer zu machen.