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Doralt kritisiert die Idee hinter dem Steuerabkommen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Steuerrechtsexperte befürchtet Schwächung des Rechtsstaats.


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Wien. Finanzministerin Maria Fekter hält trotz der Debatte zwischen Deutschland und der Schweiz um einen Haftbefehl für deutsche Steuerfahnder an ihren Plänen für ein Steuerabkommen zwischen Wien und Bern fest. "Wir sehen durch die ganze deutsch-schweizerische Geschichte derzeit kein Problem für uns", so ein Sprecher der Finanzministerin am Montag zur "Wiener Zeitung". Bis 2013 soll das unter Dach und Fach sein und dann gleich eine Milliarde Euro einbringen, danach jährlich 50 Millionen Euro. Zumindest erwartet sich Fekter "ein sehr gutes Ergebnis".

Dieser Optimismus überrascht den Steuerrechtsexperten Werner Doralt dann doch ziemlich: "Wieso sollte die Schweiz ein Abkommen abschließen, das günstig für Österreich sein soll?" Für Doralt ist zudem die Rechnung, die Zahlen für Deutschland einfach im Größenverhältnis 1:10 herunterzubrechen, zu kurz gedacht. Zum einen sei Österreich in der deutlich schwächeren Position als Deutschland. Daher sei es unklar, ob es dieselben Konditionen im Abkommen bekommt. Zum anderen gebe es in Deutschland "mehr Reiche", die ihr Geld in die Schweiz gebracht haben könnten. Die einfache Rechnung, wenn Deutschland 10 Milliarden bekommt, bekommt Österreich eine Milliarde, "krankt schon daran", so Doralt.

Insgesamt sieht der emeritierte Finanzrechtsprofessor das geplante Steuerabkommen auch angesichts der aktuellen Korruptionsdiskussion in Österreich mit Unbehagen. Zwar sei der Spatz in der Hand (also wenigstens ein bisschen etwas vom Schwarzgeld zurückzuholen) besser als die Taube auf dem Dach, dennoch sei es "unschön, dass das Schwarzgeld so günstig davonkommt".

Doralt attestiert Österreich im Vergleich zu Deutschland in Sachen Steuerhinterziehung einen "auffallend unterschiedlichen Zugang". Die Politik agiere nach dem Prinzip: "Solange du dich nicht erwischen lässt, kannst du tun, was du willst." So diene das Bankgeheimnis ebenso der "Schonung der Steuerhinterziehung", wie die Tatsache, dass im Zuge des Sparpakets die Betriebsprüfungen ausgehungert würden, so Doralt. "Dass das von der Finanzministerin vertreten wird, ist schon merkwürdig, eigentlich verrückt."

Das Bankgeheimnis bliebe auch im Falle eines Steuerabkommens mit der Schweiz aufrecht. Österreich würde also nicht erfahren, wessen Schwarzgeld da in der Schweiz besteuert wird. Gleichzeitig könnte jemand, dem man nachträglich auf die Schliche kommt, nicht mehr belangt werden. "Er wäre exkulpiert", sagt Doralt. Dazu, dass weniger Steuern gezahlt werden, kommt also auch noch Straffreiheit.

Der Doyen des österreichischen Steuerrechts zeichnet ein recht düsteres Bild: "All das, was der Sicherung des Rechtsstaats dient, wird geschwächt. Das geht weiter mit der Staatsanwaltschaft oder dem Versuch, den Untersuchungsausschuss abzudrehen. Da tut man sich schwer, dahinter kein System zu vermuten."

Dabei kristallisiert sich aus Doralts Sicht eine Partei heraus, wo sich das alles konzentriert: die Österreichische Volkspartei. "Ja, leider, leider, sehr leider", sagt Doralt, denn schließlich sei die ÖVP ja lange Zeit seine politische Heimat gewesen.