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Doralt wirft Meinl vor, den Markt getäuscht zu haben

Von Karl Leban

Wirtschaft

Experte sieht gute Chancen für Schadenersatzklagen. | S&P könnte MEL zu Junk-Papier herabstufen. | Wien. Für Anleger, die Papiere der Immobilien-Firma Meinl European Land (MEL) halten, setzte es am Mittwoch, den nächsten Schock. Denn nach dem umstrittenen Aktienrückkauf, der 1,8 Milliarden Euro verschlang, hat die mächtige internationale Rating-Agentur Standard & Poors (S&P) nun die Kreditwürdigkeit des Meinl-Unternehmens auf den Prüfstand gestellt.


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Dass die Bonität herabgestuft werden könnte, hat die MEL an Wiens Börse Mittwochnachmittag erneut auf Talfahrt geschickt. Im Handelsverlauf ging es mit dem Titel um fast elf Prozent nach unten - auf 11,99 Euro. Seit Juni hat die Aktie bereits mehr als 40 Prozent an Wert verloren.

Laut einer Presseaussendung hat S&P die Jersey-Firma auf die Beobachtungsliste gesetzt. Konkret droht eine Rückstufung ihrer Bonität auf "Junk-Status" - bei einem Langfrist-Rating unter "BBB" gelten Kredite an das betroffene Unternehmen als "deutlich spekulativ".

Bisher ist MEL von S&P langfristig mit "BBB-" und kurzfristig mit "A-3" eingestuft.

S&P hat unterdessen Gespräche mit dem MEL-Management angekündigt. Eine Entscheidung über die zukünftige Einstufung soll bereits in den nächsten Wochen fallen.

Eine Milliarde Schulden

Dass man nun aktiv geworden sei, begründet S&P mit dem völlig überraschenden Aktienrückkauf: Das darin investierte Geld hätte - den Erwartungen nach - eigentlich zur Finanzierung weiterer Projekte verwendet werden sollen, um die Entwicklung des Unternehmens voranzutreiben. Was für S&P ebenfalls Anlass gibt, das jetzige MEL-Rating zu überdenken: Die auf Ost-Immobilien spezialisierte Gesellschaft will sich nach jüngsten Erklärungen zunehmend in hochriskanten Märkten engagieren - stärker als in der derzeitigen S&P-Einstufung angenommen.

Per Ende Juni hatte Meinl European Land langfristige Verbindlichkeiten von rund 968 Millionen Euro.

Wegen der Aufsehen erregenden Kursturbulenzen wird bei MEL - sie hat ihren Rechtssitz auf der britischen Kanalinsel Jersey - so gut wie alles kritisch hinterfragt. Der im Nachhinein bekanntgegebene Rückkauf eigener Anteilsscheine wäre für eine an der Wiener Börse gelistete österreichische Gesellschaft nicht möglich gewesen, ohne automatisch rechtliche Konsequenzen zu haben.

In den Augen des Wiener Gesellschaftsrechtlers Peter Doralt hat MEL "den Markt getäuscht". Er räumt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" möglichen Schadenersatzklagen der Investoren "gute Chancen" ein. Doralt betont, dass MEL beim Aktienrückkauf nicht nur gegen die Vorschriften zur Ad-hoc-Publizität verstoßen, sondern auch Meldepflichten verletzt habe (was vor allem die Bekanntgabe des Erreichens bestimmter Anteilsschwellen betrifft).

Für "dubios" hält der Chef der Übernahmekommission die bei MEL geübte Praxis, angezahlte Zertifikate halten zu können. Diese "Partly paid shares" verbriefen volles Stimmrecht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass nach österreichischem Recht eine Ungleichbehandlung von Aktionären zulässig ist", so Doralt. Rechtliche Konsequenzen sieht er für MEL aber keine: "Das mit den Partly paid shares war im Prospekt sichtbar."