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Das Tauziehen rund um die Bildung der UNO-Friedenstruppe im Libanon wird immer mehr zum dornenvollen Weg für die Europäische Union. Dass die Europäer die Hauptlast übernehmen müssen, ergibt sich daraus, dass viele Staaten als Entsenderländer nicht in Frage kommen. Die USA haben sich von Anfang an ausgeklinkt, weil sie durch ihr Militärengagement im Irak ohnehin schon mit Problemen bei der Truppenrekrutierung zu kämpfen haben und als Israel-Unterstützer befürchten mussten, wie schon in den Achtzigerjahren zum Ziel arabischen Terrors zu werden. Asiatische Staaten wie Malaysia und Indonesien wiederum, die zur Stellung größerer Kontingente bereit waren, kamen nicht in Frage, weil sie keine diplomatischen Beziehungen zu Israel unterhalten. Die Regierung in Jerusalem hatte sich aber ausbedungen, dass nur solche Staaten Truppen in den Libanon entsenden dürfen, die mit Botschaftern in Israel vertreten sind.
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Es zeichnete sich also ziemlich bald ab, dass Europa die Hauptlast für das UN-Kontingent zu übernehmen hatte. Frankreich, das bisher das rund 2000 Mann starke Unifil-Kontingent führte, zierte sich lange und forderte ein robusteres Mandat für die Truppe. Nicht zuletzt war der während des jüngsten Libanon-Kriegs erfolgte Angriff auf UN-Beobachter, bei dem vier Männer - unter ihnen ein Österreicher - ums Leben kamen, ein wichtiger Grund, mehr Befugnisse für die UN-Soldaten zu fordern. "Die Unifil braucht mehr Muskeln" drückte es deren Kommandant Alain Pellegrini unmissverständlich aus.
Frankreich ist jetzt bereit, doch mehr Soldaten als ursprünglich geplant in den Libanon zu schicken, um sich so das Oberkommando zu erhalten, für das sich auch Italien in Stellung gebracht hat. Präsident Chirac meinte aber gleichzeitig, dass die Aufstockung der Unifil-Truppe von 2000 auf 15.000 Mann "völlig überzogen" sei und die Blauhelme Gefahr liefen, sich auf die Füße zu treten.
Syrien, das hofft, seinen Einfluss im Libanon wieder verstärken zu können, hat bereits klargestellt, dass es keine UNO-Truppen an seinen Grenzen stationiert sehen will. Israel verlangt das aber sehr wohl, weil es Waffenlieferungen an die Hisbollah einen deutlichen Riegel vorgeschoben sehen will.
Israel will seine Soldaten aus dem Südlibanon erst dann abziehen, wenn die Unifil-Truppe dort stationiert wird. Gleichzeitig hält Israel seine Luft- und See-Blockade des Libanon aufrecht, was die humanitäre Hilfe für die von den Bombardements schwer geprüfte Bevölkerung massiv erschwert.
Die Vorbedingungen, unter denen die Europäer Soldaten für eine UNO-Truppe stellen sollen, sind also alles andere als erfreulich. So dornenvoll wie sich schon die Rekrutierung dieser Truppe erweist, könnte unter den bestehenden Umständen auch ihr Alltag werden, in dem es die widersprechenden Erwartungen der Streitparteien zu erfüllen gilt.