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Downloaden als Entlassungsgrund?

Von Katharina Posch*

Wirtschaft

Alfred T., Programmierer bei einem EDV-Unternehmen, nützte seine Arbeitszeit, um privaten Geschäften nachzugehen. Am Firmen-PC installierte er zu diesem Zweck eigene Software. T. wurde fristlos entlassen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts. Grund: Jede private Verwendung des firmeneigenen EDV-Systems, die ein "übliches Ausmaß" übersteigt, kann den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bilden - das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit mit Computerspielen verbringt, im Internet surft oder private E-Mails versendet.


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Probleme im Zusammenhang mit dem Einzug "neuer Medien" in den Arbeitsprozess stellen sich vor allem dadurch, dass vielfach Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und -geber über Zulässigkeit und Ausmaß der Nutzung fehlen.

Nach Rechtsprechung und Lehre ist diesfalls auf die Umstände des Einzelfalles, den Ortsgebrauch, auf die den Umständen nach angemessenen Dienste sowie auf die Übung des redlichen Verkehrs abzustellen. Der angesprochene Ortsgebrauch umfasst nicht nur ganz allgemein "die betreffende Art der Unternehmung", sondern ebenso die Gebräuche des konkreten Unternehmens. Besteht eine derartige Betriebssitte, wird oftmals von einer Erlaubtheit der eingeschränkten privaten Nutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel auszugehen sein - wenn der Arbeitgeber kein Verbot ausgesprochen hat und dieses Verhalten toleriert.

Zur Üblichkeit der Telefonie hat der OGH ausgesprochen, dass es durchaus nicht unüblich ist, dass Arbeitnehmer in geringem Umfang Privatgespräche mit oder ohne Kostenersatz vom Arbeitsplatz aus führen. Ein Arbeitgeber, der verhindern will, mit den Kosten von privaten Telefongesprächen belastet zu werden, wäre demnach verhalten, entweder Privatgespräche überhaupt zu verbieten, umfänglich einzuschränken oder nach vorgeschriebenen Aufzeichnungen zu verrechnen¹.

Diese Entscheidung kann auch für den Umfang der IT-Nutzung herangezogen werden: Somit ergibt sich, dass in eingeschränkten Maßen "Surfen" im Internet und "e-mailen" erlaubt sein wird. Dabei ist allerdings wieder auf die unter Umständen unterschiedliche Kostenbelastung des Arbeitgebers Bedacht zu nehmen.

Einfacher zu beurteilen sind jene Fälle, in denen der Arbeitgeber ein ausdrückliches Verbot der privaten IT-Nutzung ausgesprochen hat. Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer nämlich während der Arbeitszeit dem Arbeitgeber das uneingeschränkte Bemühen um den vereinbarten bzw. angemessenen Arbeitserfolg². Damit ist die Vornahme irgendeiner privat bedingten Nutzung grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Dies muss klar auch für die private Nutzung des Internets gelten: Ein Verbot der privaten Internet- und e-mail-Nutzung ist daher gültig und bildet im Falle des Zuwiderhandelns einen Entlassungsgrund. Der Arbeitnehmer hat sich dementsprechend zu verhalten bzw. diesbezügliche Weisungen zu befolgen. Als einzige Ausnahme (bei der Telefonie) gilt hierbei die private Nutzung aufgrund eines Notfalles. Allerdings ist eine Übertragung auf private e-mail oder IT-Nutzung nicht nur wegen einer unvorstellbaren Notsituation, sondern schon wegen der fehlenden Unmittelbarkeit abzulehnen.

Das Herunterladen (download) von Programmen und die damit verbundene Speicherung oder Installation auf Rechnern des Arbeitgebers ist auch unzulässig, weil es sich um eine Modifikation von vom Arbeitgeber bereitgestellten Betriebsmitteln handelt. Dies gilt insbesondere für die Installation von Spielen. Die diesbezüglich einschlägige Judikatur des OGH³ bejaht die Entlassungsmöglichkeit wegen dieses Arguments regelmäßig bereits bei bloßer Installation, weil es sich jedenfalls um private Verrichtungen handelte, die objektiv - auf die subjektive Auffassung des Klägers kommt es ohnehin nicht an - geeignet waren, die Befürchtung weiterer privater dienstwidriger Verwendung zu erwecken. Nicht beachtlich ist laut OGH, ob der Arbeitnehmer dabei weisungswidrig auch fremde Software auf dem Hauptnetzwerk oder dem Programmierernetzwerk installiert hat oder ob die Installierung privater Programme geeignet war, "Viren" einzubringen.

Die Rechtsprechung des OGH mag überzogen erscheinen. In der Praxis bedeutet sie allerdings, dass unabhängig von konkreter Gefährdung der Betriebsmittel allein die Befürchtung, der Arbeitnehmer werde seine Arbeitskraft nicht mehr in entsprechendem Ausmaß einbringen, für eine Entlassung ausreicht. Der Arbeitnehmer haftet zudem für alle durch private Nutzung auftretenden Schäden an Betriebsmitteln des Arbeitgebers (z. B. Virenbefall) uneingeschränkt nach vertraglichen Grundsätzen.

¹ OGH 21. 10. 1998, 9 Ob A 192/98w, "Recht der Wirtschaft" 1999, 425.

² Vgl. OGH SZ 57/1 = "Das Recht der Arbeit" 1985, 389 = "Recht der Wirtschaft" 1984, 178.

³ OGH 5. 11. 1997, 9 Ob A 315/97g.