In Asien gibt es seit 1. Jänner die weltweit drittgrößte Freihandelszone. | Handelspartner fürchten Flut von Billigware aus China. | Wien. Die Länder Asiens rücken wirtschaftlich näher zusammen: Seit Jahresbeginn bilden China und die zehn Staaten der Gemeinschaft Südostasiatischer Nationen (Asean) die weltweit drittgrößte Freihandelszone. Die langfristige Vision ist eine Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Vorbild der EU. Das Hauptmotiv: "Das alte Wachstumsmodell, bei dem wir vom Bedarf des Westens an hier produzierten Gütern und Dienstleistungen abhängig sind, wird uns in Zukunft nicht länger gute Dienste leisten", sagen Beteiligte.
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Zweistufen-Plan bis 2015
Das Freihandelsabkommen zwischen China und der Asean folgt einem Zweistufen-Muster: Seit Jahreswechsel haben China und die sechs reicheren Asean-Staaten (Indonesien, Brunei, Malaysia, die Philippinen, Singapur und Thailand) 90 Prozent der Zölle abgeschafft. Bis 2015 sollen dann auch Vietnam, Burma, Kambodscha und Laos nachziehen. Als problematischer gelten die Zölle auf sogenannte sensible Güter, zu denen nicht nur Autoteile oder Chemikalien zählen, sondern auch Popcorn in Indonesien oder Schneestiefel in Südkorea. Sie sollen in den nächsten fünf Jahren höchstens noch auf 50 Prozent verringert werden.
Darüber hinaus wollen China und die Asean-Staaten Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor wechselseitig den Marktzugang erleichtern. Das neue Freihandelsabkommen sieht vor, dass ausländische Investoren wie Inländer behandelt werden.
Gemessen am Handelsvolumen bildet der neue Wirtschaftsblock die drittgrößte Freihandelsregion der Erde, nach der Europäischen Union und der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta, dem Wirtschaftsverbund zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Die beteiligten Länder Asiens kommen auf knapp 200 Milliarden Dollar Geschäftsvolumen. Vor zehn Jahren hatte es erst 39,5 Milliarden Dollar betragen. China stieg inzwischen zu Südostasiens drittgrößtem Handelspartner (nach Japan und Europa) auf und zog damit an Amerika vorbei.
Verschärfter Wettbewerb
Mit der Eröffnung der Freihandelszone erhöht sich der gegenseitige Nutzen weiter: Die Tigerstaaten wollen vom riesigen chinesischen Absatzmarkt profitieren. Vor allem Hersteller von Lebensmitteln und Getränken sowie Schmuck- und Kosmetikfabrikanten - etwa aus Thailand - setzen auf eine starke Nachfrage.
Bekleidungshersteller könnten künftig günstigere Rohmaterialien aus China beziehen. Zusätzliche Einnahmen erwartet man sich auch aus verstärkten Rohstoffexporten in das Land des Drachens. Das rohstoffhungrige China späht schon längst auf Nachschub aus den Asean-Staaten. Interessant sind besonders Palmöl, Gummi, Holz oder Gas aus Ländern wie Burma oder Indonesien. Zugleich hofft Peking, sich dank des wachsenden Wohlstands Südostasiens einen gewissen Ausgleich für den eingebrochenen Absatz seiner Waren in Europa und Amerika zu schaffen.
Ein Vorhaben, das bei den sehr unterschiedlich entwickelten Bündnispartnern jedoch auch Bedenken hervorruft. Indonesien, das größte Land Südostasiens, befürchtet, dass viele seiner Branchen mit chinesischen Billigwaren überschwemmt werden. Als besonders gefährdet sehen die Indonesier die Sektoren Textil, Stahl und Elektronik an. Die Vereinigung der Schuhhersteller warnte, dass der Anteil chinesischer Hersteller am indonesischen Schuhmarkt von derzeit 40 auf 60 Prozent steigen werde. Damit würden mindestens 400.000 Arbeitsplätze in Indonesien verloren gehen.
Dass solche Befürchtungen aus dem Weg geräumt werden können, hat zumindest die Vergangenheit gezeigt: Die Asean entstand nämlich 1967 als Bollwerk gegen China und den Kommunismus, quasi als Reaktion auf den Vietnamkrieg. Länder wie Indonesien, Malaysia und Thailand wollten sich vor kommunistischen Befreiungsbewegungen schützen.
Exportweltmeister China
Der Richtungswandel kam nach der Asienkrise 1997, die man in Asien IWF-Krise nennt: Weil die Rezepte des Internationalen Währungsfonds die Lage aus ihrer Sicht verschlimmerten, gingen die Asean-Staaten etwas auf Distanz zum US-Kapitalismus. Gleichzeitig öffneten sie sich Chinas Offensive des Charmes, der Unterstützung und des Handels. Und der Charme des Reichs der Mitte wirkt weltweit: Laut jüngsten Zahlen aus Peking hat China Deutschland als Exportweltmeister überholt.