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Der US-Wahlkampf ist wieder spannend, Newt Gingrich sei Dank. Durch seinen überlegenen Vorwahl-Sieg in South Carolina über Favorit Mitt Romney ist das Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur wieder offen. Als Nächstes folgt ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Florida am 31. Jänner. Bei der folgenden Vorwahl in Nevada sollte das Pendel wieder in Richtung Mitt Romneys ausschlagen, hat doch dort ein Viertel der Wählerschaft denselben Glauben wie der Mormone. Nachdem zuerst alles nach einem schnellen Durchmarsch Romneys aussah, dürfte es nun einen lang anhaltenden Kampf geben.
Es gibt zwei Lesarten dieser Entwicklung. Der ersten zufolge hilft dies Präsident Barack Obama. Je länger sich die Republikaner duellieren, desto weniger Zeit haben sie für Obama und desto mehr Schaden nehmen sie. Wer auch immer das Rennen macht, wird gegen Obama schwer angeschlagen antreten.
Die andere Theorie besagt das genaue Gegenteil, nämlich dass das Hinauszögern Obama schadet. Der Präsident wird es schwer haben, in die Medien zu kommen. Schon jetzt sind alle Augen auf das republikanische Rennen gerichtet, von Obamas Auftritten hingegen nimmt kaum jemand Notiz.
Ähnlich hat es sich beim letzten Wahlkampf verhalten, als bis zuletzt das Duell der Demokraten Obama und Clinton die Medien dominiert hatte und wenig Platz für den Republikaner John McCain blieb, der bereits Anfang Februar so gut wie fix als Kandidat festgestanden hatte. Genau dies ist der Grund, warum die republikanische Parteizentrale alles Mögliche dafür getan hat, dass auch ihnen ein möglichst langer Vorwahlkampf beschieden ist. Daher wurde auch festgelegt, dass bis zum 1. April das übliche "Winner takes it all"-System nicht gilt, bei dem dem Sieger einer Vorwahl auch gleich alle Delegiertenstimmen zufallen. Statt dessen werden diese nun bis dahin proportional zum Wahlergebnis auf die Bewerber aufgeteilt.
Was die republikanische Parteizentrale vielleicht zu wenig berücksichtigt hat, ist die gnadenlose Negativwerbung, mit der sich die Republikaner untereinander bekämpfen. Ein gegenseitiges Vernichten auf dieser Ebene hatte es bei Obama/Clinton 2008 nicht gegeben. Zu einem gewissen Ausmaß nimmt das Obama den Wind aus den Segeln, denn allfällige Skandale sind bereits abgehandelt und würden nicht ihre volle Wirkung entfalten, wenn sie Obama erneut aufbringt. Doch es wird allemal ein schmaler Grat zwischen nachhaltiger Schädigung und Abhärtung, den die Republikaner beschreiten.