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Dramatisch für Jung und Alt

Von Veronika Gasser

Politik

Für das heurige Jahr könnte die Arbeitslosenquote im Schnitt bei sieben Prozent, und damit über den Prognosen der Wirtschaftsforscher von 6,8 Prozent, liegen. Schwierig gestaltet sich die Lage, weil trotz steigender Arbeitslosigkeit die Mittel für Fördermaßnahmen gleich bleiben. Aus der Arbeitslosenversicherung fließt dieses Jahr ein "Rekordbetrag" von 1,45 Mrd. Euro ins Budget. Dadurch entsteht ein Defizit von 850 Mill. Euro, das der Finanzminister wieder abdecken muss.


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Laut Herbert Buchinger, Chef des Arbeitsmarkt-Service (AMS), sind die Erwartungen der Wirtschaftsforscher, die von einer Arbeitslosenquote von 6,8 Prozent ausgehen, zu optimistisch. Bei fortlaufender Entwicklung wäre vielmehr mit 7 Prozent zu rechnen.

Im ersten Halbjahr 2002 waren im Monatsschnitt 244.100 Menschen arbeitslos gemeldet, das sind um 17,5 Prozent respektive 36.400 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Arbeitslosenrate stieg von 6,2 auf 7,2 Prozent, damit wurde das Niveau von 1998 erreicht. Die Zahl der Beschäftigten ist mit 3.123.500 annähernd gleich geblieben.

Die hohe Arbeitslosigkeit bringt das AMS-Budget ins Truddeln. Das Defizit für heuer wird mit 850 Mill. Euro angesetzt und überschreitet die Vorgabe von 450 Mill. Euro beinahe ums Doppelte. Grund für dieses Finanzloch, das der Finanzminister zur Gänze stopfen muss, ist einerseits der Rekordbetrag 1,45 Mrd. Euro, der für die Pensionsversicherung abgezweigt wird. Andererseits "wurden die Einnahmen überschätzt und die Ausgaben unterschätzt", so Buchinger.

Dem AMS sind bei Förderungen die Hände weitgehend gebunden. Die Rücklagen von 119 Mill. Euro dürfen ohne Regierungsvorgabe nicht angetastet werden. Der Vorstand muss sich aufs Sparen konzentrieren. Denn trotz angespannter Lage am Arbeitsmarkt wird es für Weiterbildung nicht mehr Geld geben als im Vorjahr. Auch 2002 stehen nur 606 Mill. Euro dafür zur Verfügung. Angesichts des Defizits ist auch keine Aufstockung zu erwarten. Und deshalb werde das Ziel des Nationalen Aktionsplans, 20 Prozent der Arbeitslosen in Schulungen unterzubringen, verfehlt. Die Förderquote beträgt derzeit im Österreichschnitt 17 Prozent.

Dramatisch hat sich die Lage für Jugendliche entwickelt: Bis Mitte des Jahres waren um 6.800 oder 23 Prozent mehr ohne Arbeit als im Vorjahr. Besonders für Lehrlinge wird es am Arbeitsmarkt eng: Es gibt um vier Prozent weniger Lehrstellen, aber um 27 Prozent mehr Suchende. Positiver Lichtblick: Das Wirtschaftsministerium hat avisiert, die Mittel für Ausbildungslehrgänge von 7,3 auf 14,6 Mill. Euro zu erhöhen. Von der steigenden Arbeitslosigkeit sind auch die über 55-Jährigen stark betroffen. Ihre Zahl erreichte im Juli mit 21.768 (11,36 Prozent) einen negativen Rekord. 80 Prozent der im Juli 191.687 Arbeitslosen verfügen nur über einen Pflichtschul-, Lehr- oder gar keinen Abschluss.