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Von Wien über Salzburg und Oberösterreich - es gibt bereits Engpässe. Pensionierungen vergrößern das Problem.
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Die Nachricht klang dramatisch: In der Klinik Ottakring sind von 940 Betten 281 wegen Personalmangel gesperrt. Betroffen ist die Unfallchirurgie, es gab es eine sogenannte "globale Gefährdungsanzeige".
Mit Erklärung der Verantwortlichen im Wiener Gesundheitsverbund zeigt sich die Situation nicht ganz so bedrohlich: "Zum selben Zeitpunkt, am 25. August, waren 128 Betten frei", sagt Michael Binder, medizinischer Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes (Wigev), bei einer Pressekonferenz zum Thema Fachkräftemangel. Und: "Sorgen muss man sich nicht machen, alle Menschen sind gut betreut, die personellen Engpässe haben keine Auswirkungen auf die Patientinnen und Patienten."
Unfallchirurgische Abteilungen gebe es drei, sagt Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin des Gesundheitsverbundes: "Zwei sind also nicht betroffen." Selbst der Personalvertreter an diesem Tag, Edgar Martin von der Younion, "der selbst ja auch Patient ist, deshalb nichts beschönigen würde", erklärt, dass mit Gefährdungsanzeigen noch keine akute Gefahr gibt, sondern die Meldung Verbesserungen vor solchen bewirken sollen.
Bei 28.151 Dienststellen in allen Krankenhäusern des Wiener Gesundheitsverbunds sind aktuell 1.829 frei. Das sind sieben von 100 zu besetzenden. Es geht also nicht um akute Versorgungsengpässe, Schließszenarien ganzer Abteilungen oder gar Spitäler, sondern nüchtern betrachtet um den Druck auf das bestehende Personal, der in der Pandemie mit verschärften Arbeitsbedingungen zunahm.
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Die Fluktuation hat in der Pandemie deutlich zugenommen. Davor lag sie bei sieben Prozent, jetzt sind es 8,6 Prozent - das heißt, von 100 Beschäftigten wechseln rund neun in ein anderes Unternehmen oder aber - und das ist für das Gesundheitswesen schwieriger - sie verlassen die Branche. Der Druck nimmt außerdem nicht ab, sondern verschärft sich in Zukunft nochmals: Denn bis 2030 gehen 8.000 der gut 28.000 in Pension.
Wie man in Wien gegensteuert
Um das aktuelle Personal zu entlasten und neue Kolleginnen wie Kollegen zu gewinnen, setzt der Gesundheitsverbund auf ein rascheres Entlassungsmanagement. "Außerdem wurden die Abteilungen zur Remobilisierung personell aufgestockt", sagt Kölldorfer-Leitgeb. Binder macht Werbung für Mangelfächer bei Studierenden, allen voran die Kinderpsychiatrie, Psychiatrie, aber auch die Anästhesiologie und die Pathologie. In den Krankenhäusern müssten kleinere Einheiten zu größeren zusammengefasset werden: "Kleine klinische Abteilungen sind eher ausfallgefährdet als große." In großen Strukturen sei es einfacher, arbeitszeitgesetzkonforme Dienstpläne zu erstellen und Nachtdienste planbar einzuteilen. Mit einem höheren Patientenaufkommen sei auch mehr Spezialisierung möglich. Die Urologie beim Wigev sei hierbei Vorreiter.
Weil aktuell 16 Prozent der planbaren stationären Behandlungen nicht für Wienerinnen und Wienern sind, sondern Menschen aus anderen Bundesländern dafür einpendeln, stellt Binder den Verantwortlichen in den Bundesländern die Rute ins Fenster: "Das ist kein Wiener Problem."
Personalvertreter Martin berichtet von einer Ausbildungsoffensive sowie "Wertschätzung schon in der Ausbildung", die es in der Pflege brauche. Und: "Wer 24/7 Leistung erbringt, sollte mit familienfreundlicheren Arbeitszeitenmodellen und Dienstplanverlässlichkeit belohnt werden, damit die Leidenschaft für den Beruf nicht verloren geht."
In Linz gibt es möglicherweise Streiks
Von Kampfmaßnahmen wie Betriebsversammlungen oder gar Streik will Martin aber nicht sprechen: "Das wären Mittel, wenn wir den Eindruck hätten, man nimmt uns von Seiten der Geschäftsführung nicht ernst. Ich habe aber im Moment nicht das Gefühl, dass das in Wien so ist."
Anders am Linzer Keplerklinikum - hier war die Situation schon vor dem Sommer dramatisch. Im Juni kamen 700 der 7000 Beschäftigten zu einer Betriebsversammlung, sie beschlossen, dass Warnstreiks im Herbst folgen, sollte sich die Situation nicht verbessern, die "Wiener Zeitung" berichtete. Noch sind die Streiks nicht fix, aber: "Es zeichnet sich leider ab, dass die Situation nicht besser geworden ist, Kolleginnen und Kollegen berichten uns, dass man den Urlaub einarbeiten musste", sagt Angestelltenbetriebsratsvorsitzender Helmut Freudenthaler. Die Situation werde vor weiteren Gesprächen mit der Geschäftsführung Mitte September per Onlinebefragung nochmals erhoben. Es gebe jedenfalls um 20 Prozent zu wenig Personal in Linz.
Auch bei den Salzburger Kliniken sind bei 7.400 Köpfen akut 150 Stellen in fünf Spitälern unbesetzt, besonders viele in der Psychiatrie und der Gynäkologie, "im Pflegebereich durch die Bank überall", sagt Zentralbetriebsratsvorsitzender Alexander Stampfer. "Das Land bemüht sich, hat Ausbildungsplätze erhöht." Stampfer hofft auch, dass die angekündigten Stipendien für Auszubildenden sowie die Prämien für das bestehende Personal vom Bund helfen. Aber: "Das alles kommt allerdings ein bisserl zu spät, um den akuten Personalmangel, den es bundesweit gibt, zu beheben."