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Schon gewusst? "Grenze" kommt von einem polnischen Wort.
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Wissen Sie, was eine durchschnittliche syrische, irakische oder afghanische Familie dieser Tage denkt? Dasselbe wie eine durchschnittliche österreichische oder deutsche Familie 1945: "Wo ist der Bub geblieben? Ist er tot in Süditalien? Tot in Griechenland? Tot am Balkan? Oder tot in Ostpolen?"
Natürlich hinkt der Vergleich: Das Reisebüro Wehrmacht war weitaus besser organisiert als die Schlepperorganisationen dieser Tage, obendrein waren die Vermissten Teil eines Kriegs und nicht auf der Flucht davor, und der Grenzschutz war 1945 viel schlechter.
Doch während sich hier und heute alle auf den Lockdown vorbereiten, passiert an den Außengrenzen ein "Lockout". Bewegen sich die Impfgegner bis zur Infektion frei im Land, gibt es für Menschenrechtsbefürworter woanders "Push Backs". Nein, nicht nur in Kroatien, auch in Polen. Sie wissen, Polen, das Land, mit dem die EU einen Streit über die Grundrechte hat. Ja, da ginge es um die Grundwerte der Union, so hört man.
Grundrechte, die Polen entlang der gesamten 400 Kilometer langen Grenze mit Weißrussland ausgesetzt hat. Einfach so. Hat in Brüssel aber niemanden gestört. Muss man doch verstehen. Die waren gerade im Weg. Die Grundrechte. Also weg damit, weil man da keine Bilder haben will und keine Berichte über Menschen die im Wald niedergeprügelt werden. Oder illegal zurückgeschubst werden. Oder ganz einfach mit Kind und Kegel erfrieren.
Tja, so ist das mit der europäischen Grundwertegemeinschaft: Bevor man das Paradies der Rechtsstaatlichkeit betreten darf, muss man zuerst durch das Fegefeuer des rechtsfreien Raums entlang der EU-Außengrenze.
Aber halt! Das Aussetzen hat ja jetzt bald ein Ende. Aha. Dafür gibt es jetzt ein neues Gesetz in Polen. Das soll verhindern, dass "Menschen, die sich NGOs nennen" (Quelle: O-Ton polnisches Innenministerium) "die Grenze von Westen her angreifen." Ein Wording, dass die FPÖ mit Neid erfüllen würde. Und Journalisten dürfen nach dem neuen Gesetz den rechtlichen Grenzbereich ja endlich wieder betreten, allerdings "dürfen Medien berichten, wenn sie die Soldaten, Polizisten und Grenzschützer nicht stören".
Wer sich jetzt denkt: "Moment, das sind ja Methoden wie in einem Polizeistaat, da wird die EU doch hoffentlich einschreiten", dem sei gesagt: Naja. Fast. Also, sicher... irgendwann. Bis jetzt konzentrieren sich die Reaktionen auf den Satz: "Wir lassen uns nicht erpressen."
Und daran sieht man, dass die EU eine Wertegemeinschaft ist. Denn hier teilt man sich Blutzucker-, Leber-, Sach- und Vermögenswerte. Auf den Sozialen Netzwerken. Satt gefressene Mittelständler_innen und die, die es noch werden wollen, sitzen mit Bewegungsmangel in ihren Häusern und haben Angst vor der Armut der Welt. Und natürlich kennen sie auch Intoleranz und finden sie auch ganz schlimm, glauben aber, es handelt sich dabei um eine Lebensmittelunverträglichkeit.
Und solche Leute lassen sich eben nicht erpressen. Schon gar nicht mit ihrem eigenen Rassismus. Denn Menschlichkeit ist ja schön und gut, aber alles muss ja irgendwo eine Grenze haben. Grenze kommt von "granica" aus dem Polnischen. Und dahinter ist es auch aus.