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Drei gewinnt

Von Christian Thiel

Reflexionen

Wissen Sie, was für mich das Schlimmste bei der Partnersuche ist? Sobald ich eine Frau klasse finde, ist es um meine Gelassenheit geschehen. Mein Selbstwertgefühl reduziert sich auf ein handliches Westentaschenformat. Meine Nervosität dagegen erreicht ungeahnte Grade, kaum dass ich mich ernsthaft für eine Frau interessiere.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Nun war es wieder so weit. Ich hatte mich mit Maria getroffen, der Abend war supernett. Am Ende wusste ich genau: Die ist es. Und schon kamen sie wieder, die typischen Symptome meiner Unsicherheit. Auf meine Arbeit konnte ich mich am Tag darauf kaum konzentrieren. Immerfort wanderten meine Gedanken ab. Ich fragte mich, wann ich Maria das erste SMS schicken sollte. Oder sollte ich sie lieber anrufen? Sollte ich ihr gleich sagen, wie umwerfend ich sie fand? Wann würde sie Zeit haben, mich wiederzusehen? Schon die Vorstellung, dass dies erst in einigen Tagen sein könnte, war grauenvoll.

Immer persönlich bleiben. "Du rufst sie natürlich an", sagte Monika, meine beste Freundin und Ratgeberin. "Schicke niemals ein SMS, wenn du eine Frau gerne wiedersehen willst. Nicht nach einer Stunde. Nicht am nächsten Tag. Nie! Das ist schlechter Stil. Viel zu unpersönlich." "Gut", sagte ich, erleichtert darüber, dass ich nun ein wenig Klarheit hatte. "Und wann rufe ich sie an?" "Du meldest dich zwei bis drei Tage nach dem ersten Treffen bei ihr - wenn du das so lange aushältst. Später als nach drei Tagen anzurufen wäre unhöflich. Wer nach drei Tagen noch nicht weiß, ob er mich wiedersehen will, den möchte ich auch nicht mehr treffen."

Monikas Tipps schlugen einige Schneisen in das Durcheinander, das in meinem Kopf herrschte. Was aber sollte ich zu Maria sagen? "Ganz einfach: Du bleibst bei der Wahrheit", antwortete Monika. "Du bist sehr interessiert, sie wiederzusehen. Am besten sagst du ihr klar und einfach: Ich möchte dich gerne wiedersehen. Und dann ist sie am Zuge."

Und genau da begann mein Problem! Welchen Zug würde Maria dann machen? Würde sie mich wiedersehen wollen? Hatte sie vielleicht ganz andere Pläne? "Sieh es doch mal so", sagte Monika. "Wenn Maria genauso begeistert von dir ist wie du von ihr, dann werdet ihr euch in jedem Fall wiedersehen. Nichts und niemand kann das verhindern. Wenn sie aber nicht begeistert ist, dann passt sie auch nicht zu dir. Eine Frau, die nicht hellauf begeistert ist, auf dich getroffen zu sein, kommt als Partnerin ja wohl nicht in Frage."

Doppelpack. Das leuchtete mir allerdings ein. Aus Monikas Mund klang das wie ein Kompliment für mich. In Gedanken zählte ich aber schon die Tage, die es dauern würde, bis ich Maria frühestens wiedersehen würde. Das konnte noch eine Woche dauern. Was sollte ich nur machen bis dahin? "Was ist denn mit Regina?", fragte Monika. "Triff dich doch in der Zwischenzeit mit ihr."

Ich hatte Regina vor zehn Tagen kennen gelernt. Wir hatten uns zwei Mal gesehen und hatten uns gut verstanden. Regina sah wirklich toll aus. Aber jetzt wollte ich doch lieber bei Maria am Ball bleiben. "Dann triff dich doch mit beiden!", schlug Monika vor. "Mal mit der einen, mal mit der anderen." "Mit beiden? Abwechselnd?" - ich war perplex.

"Wenn du etwas für deine Gelassenheit tun willst", fuhr Monika fort "dann triff dich umgehend wieder mit Regina. Am besten wäre es, wenn du dich außerdem auch noch mit einer dritten Frau verabredest - du hast doch noch einige Zuschriften von deiner letzten Kontaktanzeige." Ich schaute Monika verdutzt an. "Ja, du hast richtig gehört: Triff dich, so lange du noch nicht verliebt bist, mit verschiedenen Frauen und nicht nur mit der einen, von der du annimmst, es sei die Richtige."

Mit solch einem gewagten Rat von Monikas Seite hatte ich nicht gerechnet. Ich war mir sicher, dass ich das nicht konnte. Außerdem war es für mich auch eine Gewissensfrage. Irgendwie erschien es mir unmoralisch, mich mit zwei Frauen abwechselnd zu verabreden. Oder gar mit dreien.

Nur treffen. "Alles was dazu dient herauszufinden, wer zu dir passt, ist moralisch einwandfrei", sagte Monika. "Du sollst ja nicht drei Frauen die Ehe versprechen. Du sollst dich mit ihnen treffen - mehr nicht. Und am nächsten Tag fragst du dich: Will ich diese Frau wieder treffen? Das ist es doch schon. Du machst keine falschen Versprechungen. Du hältst die Dinge einfach ein bisschen in der Schwebe, statt von Anfang an auf eine Karte zu setzen und dir zu sagen: Die oder keine! So findest du besser heraus, wer von den beiden wirklich zu dir passt, Regina oder Monika - oder vielleicht auch die Dritte, die du triffst - kann doch sein! Und so bleibst du auch gelassener."

"Ich sehe das doch immer wieder bei meinen Freundinnen, die Single sind. Sobald ein Mann auftaucht, der sich für sie interessiert, sind sie sich sofort absolut sicher, dass es diesmal der Richtige ist. Sie himmeln den Mann regelrecht an, statt sich zu fragen: Passt er zu mir? Nach dem zweiten Treffen denken sie darüber nach, wohin der erste Urlaub mit ihm gehen soll. Und wenn er erzählt, dass er gerne Bergwandern geht, kaufen sie sich nach dem dritten Treffen bereits eine komplette Ausrüstung, weil es ja sein könnte, dass er sie mal fragt, ob sie mitkommt. Es endet immer gleich: Nach ein paar Wochen oder Monaten ist Schluss. Und meine Freundinnen wundern sich dann und erklären sich ihre Niederlage damit, dass er beziehungsunfähig ist. Ich glaube, die Männer fühlen sich einfach zu sehr bedrängt. Sie nehmen regelrecht Reißaus."

Nach so vielen Ratschlägen von Monika schwirrte mir der Kopf. Ich verabschiedete mich schnell und ging zu Fuß nach Hause. Der lange Spaziergang tat mir gut und ich konnte meine Gedanken ordnen. Während ich so versunken dahinlief, stieß ich beinahe mit einer Radfahrerin zusammen. Gerade wollte ich losschimpfen, weil sie auf dem Gehweg fuhr, da stieg sie ab und fragte mich mit einem bezaubernden Lächeln, ob alles in Ordnung sei, und entschuldigte sich tausend Mal. Mir fiel so schnell keine passende Antwort ein, so perplex war ich von so viel Fürsorge und dem netten Lächeln, aber in dem Moment merkte ich, dass Monika recht hatte - das Leben hielt wirklich mehr als eine Möglichkeit bereit.

info

Treffen Sie sich, wenn möglich, nicht nur mit einem Verehrer oder einer Verehrerin, sondern parallel mit zwei oder drei. Ich nenne dieses Vorgehen "Drei gewinnt". Wenn Sie das machen - wenn Sie Kontaktanzeigen zu Hilfe nehmen oder im Internet suchen, ist das nicht so schwer -, dann zahlt sich das für Sie gleich mehrfach aus.

1. Ihr Selbstwertgefühl steigt. Sie sind begehrt und wählen aus. Das hat positive Auswirkungen auf Ihr Selbstwertgefühl.

2. Sie bleiben gelassen. So viele Treffen mit Verehrerinnen oder Verehrern zu haben, das ist aufregend. Aber die ganz große Unsicherheit - ruft er, ruft sie mich an -, die einen Flirt oft schon im Ansatz zerstört, die bleibt Ihnen erspart. Wer sich frühzeitig auf einen Kandidaten oder auf eine Kandidatin festlegt, der gerät psychisch schnell aus dem Gleichgewicht, wenn aus einem Flirt nichts wird.

3. Sie vermeiden die Schlussverkaufs-Haltung. Sie nehmen an, etwas Besseres als ihn oder sie sei nicht zu bekommen? Diese Haltung ist eine sehr gefährliche Falle. Ich nenne es die Schlussverkaufs-Haltung: Sie kommen in ein Kaufhaus und bei den schicken Hemden liegt nur noch eine einzige Sorte auf dem Wühltisch. Würden Sie sie trotzdem kaufen, auch wenn sie Ihnen gar nicht zusagt? Am Drehständer mit den Sommerkleidern gibt es nur noch blaue Ware und das noch nicht einmal in Ihrer Größe. Greifen Sie trotzdem zu? Laufen Sie später in einem Schlabberkleid herum, dessen Farbe Ihnen nicht gefällt? Nein, die Partnersuche ist kein Schlussverkauf, bei dem nur noch eine Kleidersorte auf dem Bügel hängt. Sorgen Sie lieber für Auswahl. Sie werden sich wohler fühlen.

4. Sie verschaffen sich Klarheit. Sie werden erstaunt sein, was ein solches Vorgehen in Ihnen auslöst. Gerade noch hatten Sie einen supernetten Abend mit Harald, aber auch das Treffen mit Jürgen am übernächsten Tag war klasse. Solche Vergleiche klären unsere Ansprüche an den kommenden Partner oder die kommende Partnerin schneller, als es alle Gespräche mit Freundinnen und mit Freunden vermögen. Dabei können Sie in aller Ruhe abwarten. Seien Sie sich sicher: Wenn Sie sich mit mehreren Verehrern, mehreren Verehrerinnen parallel treffen, dann wird Ihr Gefühlsleben zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung treffen. Schneller und sicherer, als wenn Sie sich immer nur brav mit ein- und demselben verabreden. Der Vergleich erhöht Ihre Sicherheit und lässt Sie sagen: Das ist er, das ist sie!