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Diskonterschlacht rund um Biomilch. | Andere Strukturen, aber ähnliche Themen wie in Österreich. | Kopenhagen/Wien. Drei Liter Magermilch um 8 Kronen, das sind 1,07 Euro: Im dänischen Handel ist ein wilder Preiskampf ausgebrochen. Schauplatz sind die dänischen Filialen des Diskonters Lidl. Der beinharte Rabattkampf seit Sommerbeginn trifft vor allem Bio milch. Die Öko-Molkerei Thise hat reagiert und beliefert die Handelskette Fakta mit einer eigens produzierten No-name-Biomilch. Die kostet 4,95 Kronen pro Liter und genügt gerade den gesetzlichen Qualitätsansprüchen. Auf Zusatzinfos wie Rinderrasse, Bauernhof, Futtermittel oder Region, sonst Thise-Standard, wird verzichtet.
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Aber der Kampf betrifft auch herkömmliche Milch - einen Liter gibt es um 3,50 Kronen (46 Cent). Lidl-Danmark-Einkaufschef Dan Lykholt sagte zur Zeitung "Berlingske Tidende", man bleibe bis auf weiteres bei einheimischer Milch, auch wenn die Konkurrenz bereits deutsche oder schwedische Billigmilch in den Regalen habe. Das 8-Kronen-Angebot läuft unter der Marke des deutschen Diskonters, wird aber vom dänisch-schwedischen Molkerei riesen Arla Foods geliefert.
"Milch hat wie noch ein paar andere Produkte Signalwirkung für die Konsumenten, ob sie einen Supermarkt als billig wahrnehmen oder nicht", erläutert Wifo-Agrarexperte Franz Sinabell. Um Konsumenten ins Geschäft zu holen, nehmen Händler also geringere Spannen in Kauf.
Arla sei in die aktuelle Preisdumping-Kampagne nicht involviert, betont Arla-Verkaufschef Lars Aagaard. Arla hatte den Preisverfall bei Bio-Milch selbst mehrmals kritisiert. Dass der Druck seitens der Handelsketten spürbar gewachsen sei, bestätigt auch die Molkerei Naturmælk. Ausländische Milch zu Dumpingpreisen bedrohe die einheimische Produktion, so Molkerei-Chef Friis Jørgensen.
Dänische Export-Milch
Die Debatte ähnelt somit jener in Österreich - trotz der diametralen Struktur der Milchwirtschaft. In Dänemark hat die Großmolkerei Arla quasi eine Monopolstellung: Bereits zum zweiten Mal steht sie im Verdacht illegaler Preisabsprachen und Konkurrenzverbote. In Schweden sollen eine Reihe von Handelsketten betroffen sein, darunter Coop, Lidl und Netto. 2006 war Arla zu einer Strafe von fünf Millionen Kronen verurteilt worden: Dem Großhändler Metro war eine Millionensumme dafür bezahlt worden, dass er einen Konkurrenten aus den Regalen entfernte.
Neben Arla gibt es laut dänischem Molkereiverband nur noch 30 kleinere Molkereien mit 61 Betriebsstätten. Die Genossenschaft Arla Foods ist mit knapp 16.000 Beschäftigten Europas größtes Molkereiunternehmen. Es verarbeitete 2006 mehr als 91 Prozent der dänischen und 66 Prozent der schwedischen Milch.
Während das flache, saftig grüne Land im Norden Europas wie geschaffen für die rentable Milchwirtschaft ist, findet in Österreich Milchproduktion zu mehr als drei Vierteln im benachteiligten Regionen und Berggebiet statt, heißt es im Grünen Bericht des Landwirtschaftsministeriums. Viele kleinstrukturierte Betriebe kämpfen ums Überleben, im Schnitt werfen pro Tag sechs der insgesamt 43.000 Milchbauern das Handtuch.
Kein Wunder: Bei durchschnittlich 12 Kühen pro Betrieb liefert ein Tier im Jahr nur knapp 6000 Kilo Milch. Zum Vergleich stehen bei einem der 4500 dänischen Milchbauern im Schnitt 115 Kühe mit je 9000 Kilo Jahresleistung im Stall.
Marktkonzentration
Österreichs größte Molkerei, die Berglandmilch, beschäftigt nach ihrer Fusion mit Landfrisch im Mai gut 1000 Mitarbeiter. Auch hierzulande hat die Marktkonzentration zugenommen. Die drei größten Unternehmen sind für gut die Hälfte des Gesamtumsatzes verantwortlich. Wichtigstes Exportprodukt ist Käse.
Die einheimischen Molkereien sind zwar bedeutend kleiner als etwa Arla, Nestlé oder Danone, behaupten sich aber trotzdem auf dem Markt. Der Vorteil für den Konsumenten: Die Produktvielfalt sei wahrscheinlich höher, wenn der Markt nicht vom Monopol eines Anbieters beherrscht werde, sagt Sinabell - auch wenn es sich in Österreich weniger um Produktinnovationen als vielmehr die Imitation davon handle.
Profitiert auch die Qualität? Nicht unbedingt. "Qualität ist, was der Konsument zu zahlen bereit ist", so die pragmatische Antwort des Agrarexperten.
Wissen: Milchwirtschaft
Die Milchwirtschaft Österreichs trägt laut Eurostat 2,3 Prozent zur Milchanlieferung der EU bei - in Dänemark sind es 3,2 Prozent. Der Milcherzeugerpreis lag 2007 noch bei 32 Cent pro Kilo, im Mai 2009 sank er laut Agrarmarkt Austria auf 28 Cent. Arla zahlt seinen Lieferanten für Juli 25,14 Cent. Ein weiterer Rückgang der Preise wird durch das Auslaufen der EU-Milchquote 2015 befürchtet.
Molkereien nach Umsatz - 2008 in Millionen Euro:Dänemark
Arla Foods
6300
Thise
67
Naturmælk
26
Österreich
Berglandmilch
inkl. Landfrisch
695
NÖM AG
373
Gmundner Milch
190
Quelle: Unternehmen, APA