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Dreikampf um drei Pfeile

Von Georg Hönigsberger

Politik

Die Mitgliederbefragung der SPÖ geht am Mittwoch zu Ende. Eine Zwischenbilanz mit unklarem Ausgang.


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Es ist ein wenig untergegangen, aber zwei Kandidaten hatten gegen Ende des parteiinternen Wahlkampfs um die SPÖ-Spitze doch noch einen gemeinsamen Termin, wenngleich dies keiner war, an dem man um Zustimmung unter den Parteigenossen buhlt. Bei der Gedenkfeier anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen standen vergangenen Sonntag die amtierende Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und ihr Herausforderer, Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler, in der ersten Reihe, fast Seite an Seite. Politisch wurde zwischen den beiden an diesem Tag nichts besprochen, aber begrüßt habe man sich, sagt Babler zur "Wiener Zeitung". "Und ich hab ihr zum Geburtstag gratuliert." Ob der Dritte im Bunde der SPÖ-Vorsitzkandidaten, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, am 7. Mai wenigstens per SMS Geburtstagsgrüße geschickt hat, ist nicht überliefert.

Am Mittwoch dieser Woche endet die Mitgliederbefragung der SPÖ. Rund 148.000 Parteimitglieder, mehr als 9.000 davon kurzfristig beigetreten, sind aufgerufen, ihre Präferenzen kundzutun. Rendi-Wagner, Doskozil und Babler stellen sich der Meinungsumfrage unter ihren Genossen. 70 weitere Bewerber um den Parteivorsitz hatten die 30 erforderlichen Unterstützungserklärungen nicht beigebracht und stehen somit nicht auf dem Stimmzettel, der elektronisch oder in Papierform ausgefüllt werden kann. Zur Wahl stehen für die Mitglieder der SPÖ die drei Kandidaten und eine vierte Möglichkeit - nämlich "keiner der Genannten".

Langes Warten auf das Ergebnis

Seit 24. April läuft die Befragung. Deren Ergebnis wird aber nicht sofort nach Ablauf des Mitgliedervotums am 10. Mai feststehen. Da müssen sich die Kontrahenten und deren Wählerschaft noch mindestens zwölf weitere Tage gedulden. Die SPÖ-Wahlkommission tritt am 22. Mai zusammen "und stellt das Befragungsergebnis fest", wie es auf der Internetseite der Sozialdemokraten heißt. Neben der Wahlkommission, der das Wiener SPÖ-Urgestein Harry Kopietz vorsitzt, wird auch ein Notar die langwierige Auszählung der Stimmen überwachen.

Spätentschlossene können noch am Mittwoch abstimmen. Online ist dies bis 23.59 Uhr möglich. Bei Einsendung des Stimmzettels per Post zählt der Poststempel - auch in dieser Form gilt das Datum als Einsendeschluss. Die Parteimitglieder haben sogar die Möglichkeit, zweimal abzustimmen - via Internet und postalisch. Dabei heißt es aber Ober sticht Unter: Der per Post eingesandte Stimmzettel wird gewertet, und die Online-Wertung des Doppel-Wählers fällt aus dem Ergebnis raus.

Diesen Umstand versuchen sich vor allem die beiden Herausforderer zunutze zu machen. Sowohl Babler als auch Doskozil forderten die Mitglieder im Zuge ihrer parteiinternen Wahlkampftouren auf, den Stimmzettel per Post einzuschicken, auch wenn sie bereits via Internet abgestimmt haben. Natürlich mit dem Hintergrund, nun Babler beziehungsweise Doskozil anzukreuzen.

Während sich die Parteichefin im Buhlen um die Wählergunst eher zurückhielt und vorwiegend auf offizielle Termine setzte, tourten die beiden Herren durch Österreich. Laut deren personalisierten Websites absolvierte Doskozil, der seine Tour im "Magic Theater" Wiener Neustadt startete, 14 Termine in sieben Bundesländern; Doskozils Team spricht sogar von 20 Auftritten. Noch umtriebiger war der Traiskirchner Bürgermeister, der nach seinem Vor-Auftakt in Wien 41 Auftritte in allen Bundesländern absolvierte. Hauptschwerpunkt waren dabei Niederösterreich, Wien und mit Abstrichen Oberösterreich.

Ein Sieg Rendi-Wagners sei "am wahrscheinlichsten", sagte aber der Politologe Anton Pelinka kürzlich im APA-Interview. Nur mit der Parteichefin bleibe auch die seiner Ansicht nach einzige reelle Machtoption der Roten nach der kommenden Nationalratswahl, nämlich eine Koalition mit der ÖVP, gewahrt. Woher Pelinka seine Interpretation herleitet, ist nicht bekannt. Der Politikberater Thomas Hofer meint dazu zur "Wiener Zeitung": "Ich würde mich nicht soweit hinauslehnen." Die Stimmung unter den SPÖ-Mitgliedern sei nicht bekannt. Freilich dürfe man "Rendi-Wagner nicht unterschätzen", sagt Hofer. Sie könne möglicherweise auf die "Loyalität der größtenteils älteren Wählerschaft" zählen. Dazu käme "die gewichtige Unterstützung der ehemaligen Bundeskanzler - ohne Kern". Dieser, der Vorgänger Rendi-Wagners als Parteivorsitzender, hat ja vor wenigen Tagen angekündigt, Doskozil unterstützen zu wollen.

Hier habe Rendi-Wagner deutlich "Nerven gezeigt", wie Hofer meint. Erstmals sei sie im Kampf um die Mitgliederbefragung ins Persönliche abgeglitten, als sie in der "Presse am Sonntag" zu Christian Kern meinte, "dass Charakterstärke und Standfestigkeit nicht zu seinen herausragendsten Eigenschaften zählen".

Dass die amtierende SPÖ-Chefin im Zuge der Abstimmung nicht mehr Kontakt zu Parteigrößen aus dem Ausland wie Olaf Scholz in Deutschland oder dem Portugiesen Antonio Costa gesucht hat, findet Hofer "ziemlich überraschend". Er attestiert Rendi-Wagner "auf der außenpolitischen Flanke deutliche Defizite".

Doskozils "Fehler" und Bablers "Momentum"

Politologe Pelinka hält es "für einen Fehler", dass Doskozils Zielvorgabe die Ampelkoalition mit Grünen und Neos ist. "Das kann nach hinten losgehen", meint auch Polit-Berater Hofer. "Wie will er mit dieser Ansage bei Nationalratswahlen Wähler von FPÖ und ÖVP gewinnen?"

Auch Babler werden von Pelinka wenig Chancen bei einer bundesweiten Wahl eingeräumt. Der dezidiert linken Ausrichtung Bablers attestiert der Politikwissenschafter das Motto "Eat the Rich". "Damit findet er keine Koalitionspartner." Zur SPÖ-internen Befragung, die es vorerst zu schlagen gilt, meint Hofer: "Babler hatte jedenfalls ein Momentum und konnte seinen Bekanntheitsgrad steigern. Ob’s reicht, wird sich weisen."

Wer der Partei vorsitzen wird, steht nach der Willensbekundung der Mitglieder nicht fest. Diese Frage wird laut Parteistatut erst am Parteitag am 3. Juni geklärt, wo die rund 600 Delegierten am Wort sind.•