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Dreikönigstag, Gestirnreligion und freisichtige Himmelskunde

Von Hermann Mucke

Wissen

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Sonnenchronik: Die Dauer der Lichten Tage steigt langsam vom 1. mit 8 Stunden 26 bis 31. auf 9 Stunden 28 Minuten. Die Bürgerliche Dämmerung dauert vom Sonnenuntergang bis zur Sonnentiefe bei 6 Graden 35 Minuten, bei 12 Graden endet die Nautische Dämmerung; sie sinkt von 1 Stunde 16 auf 1 Stunde 11 Minuten. Am 3. hat die Erde den geringsten Sonnenabstand von 147,1 Millionen Kilometer, um 5 Millionen weniger als am 6. Juli in Sonnenferne. Am 20. um 4.09 Uhr erreicht die Sonne das Tierkreiszwölftel Wassermann. Im Freiluftplanetarium Sterngarten zieht die helle Mitte des von der Lochscheibe am Nordmast auf den Schrägmast geworfenen Schattens über die Querspange mit dem Wassermann-Symbol und der Aufschrift JAN 20.

Mondchronik: Am Abend des 1. ist der Mond fast rund und steht in Erdnähe in den Zwillingen; am 2. ist er zum Vollmond geworden und zieht in höchster Himmelsbahn vom Auf- bis zum Untergang. Das Letzte Viertel tritt am 8. in der Jungfrau ein, wobei zufolge der Libration der Fleck Grimaldi so nah als möglich am linken Mondrand steht. Sie lässt uns auch am 11. den Mondsüdpol möglichst randnah sehen. Am 12. steht er bei Mars und Jupiter. Am 15. durchläuft er seine Erdferne im Schützen und steht als feine Altlichtsichel in der Morgendämmerung im Südosten. Am 17. ist Neumond. Die zarte Neulichtsichel erscheint am 18. nahe Südwesten. Der 24. bringt das Erste Viertel im Walfisch, tags darauf sehen wir den Mondnordpol möglichst randfern. In höchster Bahn zieht der Mond am 29. in den Zwillingen. Ebendort steht er am 30. in Erdnähe. Am 31. gibt es eine in Österreich unsichtbare totale Mondfinsternis.

Planetensichtbarkeit: Venus unsichtbar, Merkur morgens bis 15.. Mars in Waage und Skorpion um 4 Uhr zwischen Ostsüdosten und Südosten später im Südosten und nahe Jupiter am 7. Jupiter in der Waage um 4 Uhr tief zwischen Ostsüdosten und Südosten, später Südosten. Saturn ab 10. tief im Südosten im Schützen.

Sternbilderhimmel: Die Karte gilt für den 1. um 19.09 Uhr und 31. um 17.11 Uhr. Die "Übersternbilder", das Große Norddreieck im Westnordwesten und das Sechseck um Orion im Osten, sind gleichzeitig zu sehen! Letzteres steigt bis 22 Uhr in den hohen Süden und dann funkelt ein wunderbarer Sternenhimmel über der Erde.

Quadrantiden-Meteore: 3. bis 4., Maximum am 3., 15 Uhr, 110 pro Stunde. Ungünstig.

Der Stern der Weisen: Im Matthäus-Evangelium wird in Kapitel 2 von drei Magiern, die aus dem Osten nach Jerusalem kamen, berichtet. Sie fragten: "Wo ist der neugeborene König der Juden?", und begründen diese Frage mit "denn wir haben seinen Stern gesehen in dem Aufgang und sind gekommen, ihm zu huldigen". Matthäus war ein Zöllner und hatte als solcher Kontakt mit Ausländern. Heute gibt uns die Assyriologie Bericht über die mesopota- mische Gestirnreligion und ihre priesterlichen Vertreter. Grundlage war die Annahme "wie oben, so unten". Es wurden Jupiter die Königswürde, Saturn das Volk Israel und den Bereichen des Tierkreises irdische Länder zugeordnet, so den Fischen Palästina. Aus langzeitlichen Beobachtungen von hohen Tempeltürmen konnten sie die Bewegung der Wandelgestirne in einem Kalender erfassen und Perioden ableiten, die auch Zukünftiges beschreiben ließen.

Die Himmelsvorgänge wurden mit irdischen Ereignissen in Beziehung gesetzt und führten zu Prognosen. Das Eintreten von Vorhersagen wollten sie stets überprüfen. So auch bei der im Sternbild der Fische eintretenden dreifachen nahe und monatelang auffällig sichtbaren Begegnung von Jupiter und Saturn, aus der als besondere solche sie auf die
Geburt einesKönigs der Juden in Palästina schlossen. Sie wurde durch das Erscheinen der Planeten als "Gestirn" am Morgenhimmel (März/April 7 v. Chr.) eingeleitet.

Durch den Überholvorgang der Planeten durch die Erde beschreiben Jupiter und Saturn eine Schleifenbahn mit zwei Stillständen und zwischen ihnen eine gemeinsame östliche Bewegung vor dem Sternenhintergrund. Matthäus schreibt "...der Stern, den sie in dem Aufgang abends Mitte September 7 v. Chr., gesehen hatten, zog ihnen voran, bis er im Gehen stehen blieb oben darüber, wo das Kind war". Der offensichtlich zumindest etwas phänomenologisch kundige Evangelist benützt laut griechischem Text für die Erscheinungsphasen astronomische Fachausdrücke! Die Reise der Magier, in denen wir kundige Sternenpriester sehen dürfen, führte sie in die Königsstadt Jerusalem, wo sie das Königskind zu finden hofften. Herodes schickte sie auf Grundlage der jüdischen Prophezeiung nach Bethlehem. Dort fanden sie das Kind zur Zeit des zweiten - von ihnen auf Tontafeln keilschriftlich nachweisbar - vorausgerechneten Stillstandes (12. September 7 v. Chr., in 49 Graden Höhe).- Das ist auch ein durch unsere heutige Kenntnis der Gestirnreligion belegbarer Hinweis auf den zu späten Beginn unseres Kalenders mit 1 n. Chr. Näheres: Ferrari d’Occheppo, Der Stern von Bethlehem, Brunnen Verlag Gießen, 1994.

Freiluftplanetarium: Sterngarten Georgenberg nahe der Wotrubakirche in Wien 23: Besuch jederzeit und unentgeltlich möglich. Beschreibung in den Spenderrollen.

astronomisches-buero-wien.or.at