"Der Fiskus greift uns immer dreister in die Tasche", verkündete die "Bild-Zeitung" in ihrer Freitagausgabe. Die Steuern für Benzin, Kaffee und Strom lägen in Deutschland auf "Rekordhöhe".
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Wer wissen will, ob der Staat den Bürger "schröpft", sollte aber mehrere Komponenten berücksichtigen, und nicht bloß einzelne Waren und deren Steueranteil anführen, meint das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Seriöser wäre, die gesamten Staatseinnahmen genauer unter die Lupe zu nehmen, meint Thomas Url vom Wifo. "So kann beispielsweise die Steuerlast für Energie erhöht, und andererseits jene für Arbeit gesenkt worden sein. Nur die jeweils für sich passende Seite anzuführen, ist polemisch", sagt er gegenüber der "Wiener Zeitung".
Vergleicht man die Staatseinnahmen, kann von "Rekordhöhe" der Abgaben laut Wifo nicht die Rede sein: In Deutschland etwa betrugen sie 1995 46,1% des Bruttoinlandsprodukts und im Jahr 2000 47,1%. Für 2006 werden 43% prognostiziert. In Österreich waren es 1995 50,3%, 2000 49,8%, 2006 werden es laut Prognose 46,7% sein.
Als Beispiel für den "dreisten Fiskus" nannte die "Bild" die Steuern in Deutschland auf Treibstoff: Beim Superbenzin sei der Anteil der Mineralölsteuer inklusive Öko- und Mehrwertsteuer mit 83 Cent auf einen historischen Rekordstand gestiegen. Der prozentuale Anteil liege - bezogen auf einen Verkaufspreis von 1,24 Euro pro Liter - bei 67%.
Ob die Steuersätze nun hoch oder niedrig sind, ist auch eine Sache der Sichtweise, heißt es vom Wifo. Radfahrer werden sich von Spritpreisen weniger betroffen fühlen, und in der Diskussion sollte auch die Frage berücksichtigt werden, was mit den Einnahmen geschieht.
In Österreich beträgt die Mehrwertsteuer 20%; die Mineralölsteuer ist jeweils für Diesel und Benzin ein fixer Betrag - höhere Spritpreise bedeuten keine Mehreinnahmen für den Staat. Der Durchschnittspreis für Österreich pro 1.000 Liter Super betrug Anfang der Woche 1.030 Euro, 57,9% davon sind Steuern. Beim Dieselbruttopreis von 946 Euro sind es 49,5%. Bis 1987 waren die Einnahmen aus der Mineralölsteuer zweckgebunden für den Straßenbau. Seither fließen sie in das allgemeine Budget.