Pakistan ist nicht nur von den Taliban, sondern auch von der Drogen-Mafia bedroht.
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Wien. Als man die Leiche des Spitzenbeamten Abdul Rehman Dashti in einem gutbürgerlichen Bezirk der pakistanischen Hafenstadt Karachi fand, versteckten die lokalen Zeitungen die Story vom Mord an Dashti auf den hinteren Seiten. Man hatte Dashti, dem Unbekannte ins Gesicht geschossen haben, auf dem Rücksitz seines vor dem Haus des bekannten Geschäftsmanns Imam Bheel geparkten schwarzen Toyota gefunden. Der im Mordfall ermittelnde Staatsanwalt Shaukat Ali Shah nannte Imam Bheel als Hauptverdächtigen. Doch wer ist dieser Mann? Bheel stammt aus Belutschistan, einer gesetzlosen Provinz in Pakistan. Seit drei Jahren ist Bheel auf einer Liste der Schlüsselfiguren des internationalen Drogenhandels, auf der neben ihm Drogenpaten aus Mexiko, Kolumbien und Venezuela stehen. Pakistan - und vor allem die unruhige Grenzprovinz Belutschistan - spielt eine wichtige Rolle in der globalen Opiat-Industrie, die von Experten auf 68 Milliarden Dollar geschätzt wird.
Matthew Green, Sonderkorrespondent für Afghanistan und Pakistan der Nachrichtenagentur Reuters, hat den Fall akribisch recherchiert. Nun sitzt er am Podium und berichtet Konferenzteilnehmern eines vom International Peace Institute organisierten Symposiums über "Kriminalität und Terrorismus in gescheiterten Staaten". Und Green berichtet davon, dass Bheels dreißigjähriger Sohn Yaqoob ihm gesagt habe, sein Vater sei "nur ein Geschäftsmann, er ist nicht reich."
Schutzgeld, Drogen, Gewalt
"Jeder weiß, dass Bheel im Drogengeschäft steckt", sagte Hasil Khan Bizenjo, ein Senator, der Bheel seit langer Zeit kennt, zum Reuters-Reporter Green, "er hat es gegenüber engen Freunden zugegeben". Der Mordfall zeigt, so schrieb Green im September 2012, wie eine "Flut von Drogengeldern die Politik und Beamte korrumpiert und die Basis für eine Untergrund-Ökonomie bildet.
Seither habe sich wenig geändert, meint Green, "Belutschistan bleibt weiterhin die Durchzugs-Autobahn für geschmuggelten Diesel aus dem Iran, Waffen und Heroin aus dem Süden Afghanistans."
Für Anne Clunan von der US Naval Postgraduate School gäbe es so etwas wie eine symbiotische Beziehung zwischen dem organisierten Drogenhandel und bewaffneten Gruppierungen. Ihre Beispiele: Sendero Luminoso (die maoistische Gruppe "Leuchtender Pfad" in Peru), die Taliban in Afghanistan oder die Farc-Rebellen (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) in Kolumbien. "Die bewaffneten Gruppen bieten den Drogenbauern am Anfang Schutz", erklärt Clunan, woher unter anderem die Unterstützung für diese Gruppierungen herrühre. Das sei ähnlich der Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon, die ebenfalls versuche, die Sympathie der Bevölkerung mit der Bereitstellung von Sozialleistungen zu gewinnen.
Wenn Green über die Probleme der 21-Millionen-Einwohnerstadt Karachi spricht, dann klingt das hoffnungslos: "Eine Regierungspartei, die die Stadt wie eine Mafia-Hochburg führt, Schutzgelderpressung, Drogenhandel, Gewalt durch die Taliban und dazu eine schwache Zentralregierung."
IPI
Das International Peace Institute mit Sitz in New York und Wien bemüht sich um die Vermeidung von Konflikten.. Für die Konferenz "Kriminalität, Konflikt und Terror" arbeitet das IPI mit dem Außenministerium und dem Verteidigungsministerium zusammen.