Regierung verhängt Belagerungszustand über eine Provinz. | Korruption unter Militär und Polizei. | Guatemala-Stadt/Wien. Der Drogenkrieg, der in Mexiko 30.000 Todesopfer seit 2006 gefordert hat, erfasst zunehmend auch die Nachbarländer. In Guatemala hat die Regierung nun über eine Provinz nördlich der Hauptstadt für einen Monat den "Belagerungszustand" verhängt, um eine Drogenbande wirkungsvoller bekämpfen zu können.
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Der Belagerungszustand ermöglicht das Festhalten von Verdächtigen ohne Gerichtsbeschluss, Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbeschluss und die Beschlagnahme von Waffen. Die Vokabel bezeichnet den vierten von fünf gesetzlich möglichen Ausnahmezuständen, nur der Kriegszustand ist noch umfassender.
Die Maßnahme betrifft die Provinz Alta Verapaz mit der Hauptstadt Coban, die an die mexikanische Grenze und im Norden an die unkontrollierbare Dschungelprovinz Peten anschließt. Das mexikanische Los-Zetas-Kartell soll hier weite Teile des Landes unter Kontrolle gebracht haben, um Schmuggelrouten zwischen Honduras und Mexiko zu sichern.
Brutales Kartell
Los Zetas hat sich Ende der 90er Jahre aus Elitesoldaten gebildet, die von mexikanischen Spezialkommandos desertiert sind. Zu ihnen sollen auch guatemaltekische Militärs gestoßen sein. Ihnen wird Kidnapping, Folter und Ermordung von Sicherheitskräften, Zivilisten und konkurrierenden Drogengangstern zur Last gelegt. Los Zetas soll laut der US-Drogenbehörde DEA zu den gewalttätigsten Drogenkartellen zählen - unter anderem soll es für die Ermordung von 72 mittel- und südamerikanischen Einwanderern im vergangenen Sommer in Nordmexiko verantwortlich sein. Neben den Drogen betreibt die Gruppe, die Kontakte zur kalabrischen Ndrangheta unterhalten soll, auch Menschenschmuggel von Mexiko in die USA, Öldiebstahl und Erpressung.
Der Innenminister von Guatemala, Carlos Menocal, beklagt, dass sein Land von den USA viel weniger finanzielle Unterstützung im Anti-Drogen-Kampf bekommt als etwa Mexiko oder Kolumbien. Geldmangel allein ist es aber wohl nicht, was das mittelamerikanische Land so attraktiv macht als Rückzugsgebiet für ausländische Drogenbanden.
Experten vermerken, dass ethnische Konflikte und das schwache Justizwesen das Land instabil machen. Guatemala steht auch immer wieder wegen Menschenrechtsverletzungen am Pranger. Das Militär war selbst oft in Organisierte Kriminalität und Korruption verwickelt, ebenso die Polizei. Die Hoffnung ist also gering, dass diese Kräfte jetzt in Alta Verapaz für Ordnung sorgen können.