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Drogensucht bei Migranten - wissenschaftliches Neuland

Von Stefan Beig

Politik
Sebastian Bohrn-Mena (l.) und Karl Bohrn (r.).
© © Stanislav Jenis

Ein Programm zur Suchtprävention für junge Austrotürken entsteht in Wien.


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Wien. Zehn bis vierzehn Jahre alt sind die meisten Jugendlichen, wenn sie mit Suchtmitteln zu experimentieren beginnen. Bei Zigaretten und Alkohol fängt oft sehr schnell auch der regelmäßige Konsum an. Zwei Wissenschafter - beide sind Vorstände des Instituts für Sozial- und Gesundheitspsychologie (ISG) - widmen sich nun speziell dem Suchtverhalten von Kindern aus Zuwandererfamilien Rahmen des dreijährigen Schulprojekts "Suchtprävention mit Migranten". Bisher wurde dazu noch kaum geforscht.

Das ISG hatte zuvor das Präventionsprogramm "Unplugged" für Österreichs Schulen entwickelt, das im regulären Unterricht Schüler über Suchtmittel informiert. Freilich ist "Unplugged" noch ganz auf die Jugend im Allgemeinen zugeschnitten und noch nicht auf Migrantenpopulationen.

Durch "intensiven Austausch mit Vertretern migrantischer Organisationen" sei die Idee entstanden, "Unplugged" für die Migrantengruppe zu adaptieren, erzählt der Gesundheitspsychologe und Projektkoordinator Karl Bohrn. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Phönix-Realgymnasium in Wien durchgeführt, das besonders viele türkeistämmige Schüler besuchen.

"In den USA gibt es schon Studien zu ethnischen Minoritäten", erzählt Bohrn. Auch hierzulande sollen nun kulturspezifische Faktoren erkundet werden. In jeder Kultur gebe es Schutzfaktoren und Risikofaktoren. Kulturelle Werte und die Rolle der Religion seien sehr wichtig. Doch für die europäische Forschung ist das bisher "Neuland". "Hier gibt es viele Berührungsängste", betont Bohrn: Der ebenfalls am Projekt beteiligte Migrationsforscher Sebastian Bohrn-Mena bestätigt: "Bei der Frage nach den kulturspezifischen Einflussfaktoren besteht noch ein großer Forschungsbedarf."

Wie bei "Unplugged" steht auch beim neuen Projekt mit Phönix die Ausbildung der Lehrer im Vordergrund. Sie sollen befähigt werden, solche Präventionsprogramme später selber durchzuführen. Doch das ist nicht der einzige Aspekt. "Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Suchtprävention ist die Beteiligung der Eltern", betont Karl Bohrn. Ein Problem sei, dass sich die Eltern oft nicht als Teil der Schule fühlen. Im Gegensatz zu diesem Trend an öffentlichen Schulen sei an Phönix freilich bereits der enge Kontakt zwischen Eltern und Schülern deutlich geworden. Und das sei sehr hilfreich.

Die Rolle der Familie

Bohrn-Mena betont, dass für Suchtprävention in Migrantencommunitys familiäre Aspekte stärker miteinbezogen werden könnten. "In der westlichen Kultur ist der Individualismus sehr stark." In vielen Communitys sei hingegen die Rolle der Familie noch greifbarer.

Mittlerweile haben beide Wissenschafter vom ISG viel Zeit mit der türkischen Community verbracht. Auch integrationsfördernde Maßnahmen sind während des Projekts geplant, wie ein Austausch mit der Mehrheitsgesellschaft über Elternabende und Schulfeste.

"Am Ende des Projekts steht ein fertiges Programm für die Community, das heißt für Lehrer, Eltern und Schüler, das die Verantwortlichen dann eigenständig weiterführen können", sagt Bohrn-Mena.

Er hofft, über dieses Projekt auch weiterreichende Erkenntnisse über die Community im Allgemeinen zu erhalten. Das sei hilfreich, wenn es darum geht, das Interesse von Migranten für das Gesundheitsthema zu wecken.