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In Indien, Georgien, Thailand und Singapur sind offenbar iranische Zellen aktiv, die Anschläge auf israelische Staatsbürger planen und auch durchführen. Gleichzeitig bestückt Staatschef Mahmoud Ahmadinejad in einer vom staatlichen Fernsehen ausführlich dokumentierten Zeremonie iranische Atomreaktoren mit Brennstäben. Der Umstand, dass das Atomprogramm des Iran für den Westen ein rotes Tuch und für Israel ein potenzieller Kriegsgrund ist, kümmert ihn sichtlich wenig. Das Regime in Teheran legt später nach und lässt Staatsmedien berichten, dass man sechs EU-Ländern, darunter Frankreich, Spanien und Griechenland, jetzt den Öl-Hahn zudrehen werde.
Der Iran agiert ungewöhnlich aggressiv und unberechenbar. Das wird von internationalen Beobachtern als Zeichen der Schwäche gewertet. Der Iran, so heißt es, schlage um sich, weil die Sanktionen, die vom Westen verhängt wurden, um ihn zur Aufgabe seines Atomprogramms zu zwingen, langsam aber sicher Wirkung zeigen würden. Die wirtschaftlichen Maßnahmen gegen den Iran wurden sukzessive verschärft und haben ihn offenbar getroffen.
Bei näherem Hinsehen fällt zudem auf, dass die iranischen Drohgebärden wenig Substanz haben. Die Anschlagsversuche wirken streckenweise konfus und linkisch. In Bangkok etwa warf einer der Attentäter seine Bombe gegen einen Baum, obwohl er einen Polizisten treffen wollte, und sprengte sich damit selbst die Beine weg. Israel, das einen Atomangriff des Iran mehr fürchtet als alles andere, hält den von Präsident Ahmadinejad zuletzt präsentierten nuklearen Fortschritt für ein reines "Spektakel". Und der sechs EU-Ländern angedrohte Öl-Boykott wird umgehend vom zuständigen Ministerium in Teheran dementiert.
Die Vorgangsweise des Iran macht auch deshalb einen ambivalenten Eindruck, weil innerhalb der Staatsführung ein Machtkampf tobt: Konservative und Reformer sind in heftige Fehden verstrickt. Beobachter schließen nicht aus, dass die Anschlagsserie in Asien von der Hardliner-Fraktion im iranischen Machtgefüge gesteuert wurde. Diese ist an einem begrenzten Krieg mit Israel interessiert, weil sie sich dadurch eine Stärkung ihrer Position erhofft.
Es ist möglich, dass Präsident Ahmadinejad in die Attentatspläne gar nicht eingeweiht wurde. Dass der Staatschef selbst Härte in der Atomfrage zeigt und sich vor Reaktoren ablichten lässt, ist wohl weniger eine geplante Provokation, sondern als Signal nach innen gedacht: In zwei Wochen stehen wichtige Parlamentswahlen an, Ahmadinejad muss sich als standhafter Verfechter iranischer Interessen präsentieren.