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Drohkulisse vor nächster Gesprächsrunde zu Budget

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Scheitern der Finanzverhandlungen "wäre Drama"


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"Wiener Zeitung":In knapp zwei Wochen geht es wieder los, das Gezerre um die EU-Finanzen: Bei einem Budgetgipfel sollen sich die Staats- und Regierungschefs auf den Haushalt der Union für die kommenden Jahre einigen. Werden sie es schaffen?Danuta Hübner: Ich bin optimistisch. Ich denke, die Länder werden eine Entscheidung fällen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat wohl in den letzten Wochen und Monaten einen weitgehenden Konsens erarbeitet. Was die Länder aber gern vergessen, ist, dass sie auch noch die Zustimmung des EU-Parlaments zum Budget brauchen.

Das hat drastische Kürzungen der Mittel bisher immer abgelehnt. Unter welchen Bedingungen könnte es dennoch zustimmen?

Da bin ich schon weniger optimistisch. Die Verhandlungen mit dem Parlament könnten sich schwierig gestalten. Ein Knackpunkt wird die Elastizität sein, also die Möglichkeit, Mittel zu verschieben. Wichtig wäre auch ein ernst gemeinter Versuch, neue Eigenmittel zu lukrieren.

Das hört sich nicht nach einer raschen Einigung an. Können Sie sich ein Scheitern der Verhandlungen vorstellen?

Wenn die Gespräche über einen mehrjährigen finanziellen Rahmen scheitern und wir jährlich die Budgets fortschreiben müssen, dann wäre das ein Drama. Dann wären nicht nur langfristige Projekte in der Regionalpolitik gefährdet, sondern müssten wir auch einen Verlust an Glaubwürdigkeit in Kauf nehmen. Die Menschen in Europa, aber auch der Rest der Welt würden mit Hohn sagen: Die Europäische Union kann sich nicht einmal auf ein Budget einigen.

Bei den Gesprächen sind vor allem Stimmen aus Großbritannien, Deutschland oder Frankreich zu hören. Wo sind die Osteuropäer? Möchte Polen nicht generell eine stärkere Rolle in der EU spielen?

Polen als großes Mitgliedsland hat sicherlich Interesse daran, zum Kern Europas zu gehören. Auch wächst dort das Bewusstsein einer Verantwortung für die Union und dafür, dass europäische Anliegen gleichzeitig polnische sind. Der Wunsch, eine aktive Rolle in der Gestaltung der EU zu spielen, wird daher immer deutlicher zu sehen sein. Die Mitarbeit an der Schaffung einer Bankenunion ist ein Beispiel dafür, wie Polen die Teilungen in der EU überwinden möchte. Mit kleinen Schritten nähern wir uns immer größerem Einfluss bei den Reformen der Union.

Wie viel Einfluss kann denn ein Land haben, das noch nicht der Eurozone angehört?

Es gibt nun mal unterschiedliche Staaten in der Union. Dabei geht es nicht nur um alte und neue Mitglieder oder jene, die der Eurozone angehören oder nicht. Die Finanzkrise hat auch den Riss zwischen dem Norden und dem Süden aufgezeigt. Die größte Herausforderung derzeit ist daher, diese Kluft wieder zu schließen. Und ebenso können wir alle daran mitarbeiten, die Eurozone stärker zu integrieren, zu vertiefen, um aus ihr einen Organismus zu machen, der sich besser vor Krisen schützen kann.

Sollte es Polen da mit der Einführung des Euro eiliger haben?

Die klügste Antwort darauf wäre: Es sollte der Eurozone beitreten, wenn es dazu bereit ist.

Ist es aber nicht. Und will es im Moment auch gar nicht sein.

Es geht ja auch nicht darum, den Euroraum um schwächere Mitglieder zu erweitern. Vielmehr sollte er gestärkt werden. Polen braucht noch ein paar Jahre - schwer zu sagen, ob es drei, vier oder fünf sind -, um seine Wirtschaft darauf vorzubereiten. Dann wird es vielleicht auch politisch einfacher sein, der Bevölkerung einen Beitritt näherzubringen.

Derzeit würde sich keine Mehrheit für den Euro finden. Wie ehrgeizig kann da eine Regierung bei der Vorbereitung darauf sein?

Was wir im makroökonomischen Bereich machen, dient alles der Vorbereitung auf eine Mitgliedschaft im Euroraum: Wir achten auf unsere Finanzstabilität, nehmen an den Reformen teil. Das sollten auch die anderen Staaten anerkennen und uns dabei unterstützen. Deswegen sollte ebenso die Teilnahme an der Bankenaufsicht nicht nur eine Reihe von Bedingungen an Polen bedeuten. Wir sollten nicht nur Pflichten, sondern auch einen Nutzen haben.

Danuta Hübner ist seit 2009 EU-Abgeordnete. Zuvor war die Ökonomin EU-Kommissarin für Regionalpolitik. Sie gehört der polnischen rechtsliberalen Regierungspartei PO an.