Die ÖBB-Reform nimmt konkrete Züge an. Jede der geplanten Aktiengesellschaften für Infrastruktur, Personen- und Güterverkehr wird mit mindestens zwei Vorständen bestückt. Auch soll für die ÖBB ein neues Dienstrecht geschaffen werden. Die ÖVP kann sich nach erfolgreicher Reform sogar die Teilprivatisierung des lukrativen Güterverkehrs vorstellen. Als Partner käme die Deutsche Bahn oder eine große Spedition in Frage. Gegen die "Zerschlagung des Unternehmens" wehrt sich die Gewerkschaft. Sie fürchtet, dass der Personenverkehr empfindlich teurer und ausgedünnt wird. Die Gagen für Spitzenpositionen würden hingegen massiv steigen.
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Die Regierung will die ÖBB in drei eigenständige Aktiengesellschaften teilen, die sich am Markt bewähren müssen. Zusätzlich werden Personal und Immobilien in eine weitere Gesellschaft ausgelagert, die obendrein auch die Schulden von Personen- und Güterverkehr (rund 900 Mill. Euro) übernehmen soll. Schulden und die Personalkosten sollen durch den Verkauf nicht-betriebsnotwendiger Immobilien gedeckt werden. Zur weiteren Eindämmung der Personalkosten soll das Dienstrecht geändert und jenem der ASVG-Versicherten angepasst werden. Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal bastelt schon an den Grundzügen. Laut Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (VP) soll die Reform 2005 abgeschlossen sein. Auf längere Sicht schließt er nicht aus, dass für den gewinnbringenden Güterverkehr nach einem Partner Ausschau gehalten wird. Die Deutsche Bahn oder eine große Spedition kämen in Frage so Kukacka vor Journalisten.
Preise werden steigen
Solche Vorschläge lehnt der Chef der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, ab. Allein die Teilung des Absatzbereiches in Personen- und Güterverkehr werde zu erheblichen finanziellen Problemen für die Personenbeförderung führen, betont er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
"Durch die Trennung darf der Güterverkehr die Verluste des Personenverkehrs nicht mehr abdecken. Bisher wurde der Personen- vom Güterverkehr subventioniert. Damit drohen aber deutliche Fahrpreiserhöhungen," so Haberzettl. Die zwangsläufig folgende Regionaliserung werde zu einer weiteren Einstellung von sogenannten "unrentablen" Strecken führen. Haberzettl geht davon aus, dass Länder und Gemeinden die flächendeckende Versorgung nicht mehr finanzieren können. Für den Güterverkehr prognostiziert er den Ausverkauf. "Ich bin sicher, innerhalb von drei Jahren hat der einen starken Partner, mit dem er sich die Erlöse teilen muss."
Das Post-Schicksal will Haberzettl den ÖBB ersparen: "Ich will nicht, dass aus den ÖBB die Deutsche Bahn wird." Er fürchtet, dass durch die geplante Regionalisierung des Personenverkehrs der Fernverkehr auf Dauer nicht mehr überlebensfähig ist. Dass die Schulden der Absatzbereiche (Personen- und Güterverkehr) der Personal- und Immobiliengesellschaft aufgehalst werden, bezeichnet der Gewerkschafter als "Betrug". Denn die Immobilien sind zur Abdeckung des Schuldenbergs der Eröffnungsbilanz vorgehen. Von den einst 1,2 Mrd. Euro wurde die Hälfte abgetragen.
"Die Grundstücke können nicht noch einmal zur Deckung anderer Schulden herangezogen werden." Kukacka ist sicher, dass die Kosten für Spitzenpositionen durch die neue Struktur nicht explodieren. Haberzettl rechnet indes vor, dass die Führung der Holding samt AGs jährlich um 6,5 Mill. Euro mehr verschlingen wird. Derzeit kostet der Dreier-Vorstand 1,3 Mill. Euro.
Neue Infrastruktur wird nur noch mittels Projektverträgen finanziert, betont Kukacka mit Verweis auf die bessere Kontrolle der Geldströme. Für Haberzettl ist diese Finanzierungsform problematisch. Dadurch könnten die ÖBB, sollte der Finanzminister kein Geld locker machen, verstärkt unter Druck stehen, dieses durch Verkäufe selbst aufzubringen.