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Seit Jahren wird Verbund-Chef Hans Haider nicht müde, immer wieder dasselbe zu wiederholen: Die 380-kV-Leitung in die Steiermark muss gebaut werden, sonst drohe ein Stromausfall. Unterstützung bekommt er in dieser Causa auch von Günther Brauner, Energieexperte an der TU Wien und Aufsichtsrat des Verbundes. Dass die Sache rasch gelöst werden kann, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Vielmehr zeichnet sich eine unendliche Geschichte ab. Denn noch immer ist der Widerstand in den oststeirischen und burgenländischen Gemeinden zu groß.
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Demnächst könnten die Leitungen im Süden Österreichs tatsächlich glühen. Brauner warnt davor: Die Anfälligkeit des Übertragungsnetzes für Störungen werde in nächster Zeit extrem zunehmen.
Schuld daran ist unter anderem der enorme Anstieg des Stromverbrauchs, um knapp 2 Prozent pro Jahr. Das bedeute, erklärt Brauner, dass in 35 Jahren doppelt soviele Übertragungskapazitäten notwendig sein werden.
Brauners Kollege an der TU, Professor Reinhard Haas, kommentiert die ernste Lage scherzhaft. Für eine sichere Stromversorgung zwischen dem Südburgenland und der Steiermark sei der Lückenschluss notwendig, denn sonst werde die Steiermark in Zukunft "Black Forrest Austria" heißen.
Die Kainachtal-Leitung ist knapp 100 Kilometer lang. Davon verlaufen 82 Kilometer in der Steiermark und 18 im Burgenland. Für den Neubau ist die Errichtung von 340 Masten erforderlich. Das Gesamtprojekt kostet 130 Mio. Euro. In die Vorbereitungen wurden bis jetzt schon 9 Mio. Euro gesteckt.
Doch sowohl Marketingaktivitäten als auch intensives Lobbying seitens des Verbundes konnten an der erbitterten Gegnerschaft so mancher oststeirischer Bürgermeister nichts ändern. Engagierte Bürger wollen anstelle einer Freileitung ein unterirdisches Kabel. Diese Lösung hält Brauner aufgrund der horrenden Kosten für unrealistisch. Damit würde das Projekt mit einem Schlag zu einer 1-Milliarde-Euro-Investition.
Haider wäre es am liebsten, der Verbund könnte ähnlich wie die Bahn vorgehen und den Bau einer Leitung durch Enteignung erzwingen. Der Verbund-Chef ist mittlerweile äußerst gereizt, wenn er immer wieder auf die sagenhaft langen Genehmigungsverfahren in Österreich hinweisen muss. Er erwartet sich von der Politik Unterstützung, doch da ist nicht viel zu erwarten. Denn dadurch, dass für die Genehmigung zwei Bundesländer zuständig sind, hat die Bundespolitik nur geringe Mitsprachemöglichkeiten. Und nicht nur in der Steiermark sind viele Hürden zu meistern. Dasselbe droht mit der in Salzburg geplanten Leitung zwischen St. Peter und Kaprun. Das 300 Mio. Euro teure Projekt ist mittlerweile vor dem Verwaltungsgerichtshof gelandet, wodurch abermals mit Verzögerungen zu rechnen ist. Für diese fehlende Verbindung zwischen Oberösterreich und Salzburg will der Verbund jedoch im Herbst die Umweltverträglichkeitsprüfung einreichen.
Auch Energie-Regulator Walter Boltz anerkennt die Dringlichkeit beider Vorhaben, ihm sind jedoch ebenso wie Haider die Hände gebunden. Er kann maximal auf drohende Versorgungsprobleme im Raum Graz hinweisen. Die Grünen sehen derzeit noch keinen Handlungsbedarf, sie wittern im Verbund-Gezeter eine Strategie, um Stromautobahnen für Exporte und Importe herauszuschinden. n