Probleme bei Ölförderung und Benzinversorgung. | Staatsfluglinie Iran Air im Fokus der Sanktionen. | Paris/Wien. Knapp einen Monat, nachdem die Staatengemeinschaft neue Sanktionen gegen den Iran beschlossen hat, gerät die Wirtschaft des Gottesstaates unter Druck. Im Energiesektor fällt es Teheran nun noch schwerer, die laufende Ölförderung und die Benzinversorgung aufrechtzuerhalten.
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Erschwerend kommt hinzu, dass die im Atomstreit erlassenen Maßnahmen den USA erstmals ermöglichen, US-Niederlassungen von Firmen zu bestrafen, die Treibstoff in den Iran liefern. Die Folge: Reihenweise ziehen sich Anbieter aus ihrem Irangeschäft zurück.
Der Golfstaat ist zwar der fünftgrößte Ölexporteur der Welt, hat aber mangels Raffineriekapazitäten Probleme, seinen eigenen Benzinverbrauch zu decken. Daher muss Teheran einen erheblichen Teil des Verbrauchs teuer importieren. Schon vor Erlass der jüngsten Restriktionen haben viele Unternehmen die Lieferung von Benzin und Diesel eingestellt. Nach dem Ölriesen BP hat auch Total das Irangeschäft gekappt. Die teuren Folgen für die Perser: Im Juli dürften die Kosten für Benzinimporte (315.000 Tonnen Sprit) um drei Millionen Dollar steigen.
Genauso wie der Benzinsektor ist auch die Ölindustrie angeschlagen. Investoren bleiben aus und an die Stelle westlicher Konzerne rücken asiatische Staatsfirmen ohne die notwendige Erfahrung und Ausrüstung.
Düstere Prognosen
Dementsprechend düster sind auch die Prognosen der Internationalen Energieagentur IEA, die davon ausgeht, dass der Iran seine Förderung bis 2015 um 675.000 auf 3,3 Millionen Fass pro Tag (bpd) zurücknehmen wird. Derzeit sind es laut IEA 3,96 Millionen bpd, der Iran beziffert sie auf 4,1 Millionen bpd. Neben den Sanktionen sehen Experten auch Misswirtschaft und die Kontrolle des Ölsektors durch die Revolutionsgarden als Hauptursache für das Energiechaos.
Am meisten zu spüren bekommt die Sanktionen derzeit aber die staatliche Fluglinie Iran Air. Die Probleme sind vor allem auf die von den USA erzwungene Weigerung amerikanischer und europäischer Flugzeughersteller zurückzuführen, Ersatzteile in den Iran zu liefern. Dementsprechend alt (etwa 23 Jahre im Durchschnitt) ist der Flugzeugpark der Iran Air.
Wegen des Alters der Flugzeuge und fehlender Sicherheitsstandards hat die EU den Großteil der iranischen Flotte aus ihrem Luftraum verbannt. Seit 8. Juli darf aufgrund der schwarzen Liste der EU-Luftfahrtbehörde nur noch rund ein Drittel der 52 Flugzeuge der Iran Air europäischen Luftraum befliegen.
Das plötzliche Aus für die älteren Boeing-Typen 727 und 747SP bzw. 747-200 F hat die Fluglinie mitten im wichtigen Sommergeschäft arg ins Schleudern gebracht. Quasi über Nacht musste der komplette Flugplan erneuert werden, um in den nächsten Monaten über vier Millionen Passagiere befördern zu können. Zusätzlich macht den Persern zu schaffen, dass sich etwa BP in Hamburg weigerte, iranische Flugzeuge zu betanken und diese den Umweg über Wien in Kauf nehmen mussten, um da betankt zu werden.
Iran Air fliegt weiter
Gegenüber der "Wiener Zeitung" gaben sich die iranischen Behörden allerdings betont gelassen und kämpferisch. Man verfüge auch über andere Flugzeuge und würde sich nicht einschüchtern lassen, außerdem sei das Tankproblem durch neue Verträge nun endgültig gelöst worden, so ein Repräsentant der iranischen Führung. Nachsatz: "Alle Flüge der Iran Air werden stattfinden, es besteht kein Anlass, sich zu sorgen."