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Druck auf Thailands Regierung steigt

Von Klaus Huhold

Politik

Straßenschlachten zwischen Polizei und Demonstranten fordern Todesopfer.


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Bangkok. Nie wieder werde Thailands Premierministerin Yingluck Shinawatra "im Regierungssitz arbeiten", hatte Protestführer Suthep Thaugsuban kürzlich verkündet. Seit Wochen muss das Kabinett von Yingluck in behelfsmäßige Unterbringungen ausweichen, da Demonstranten, die die Regierung stürzen wollen, Ministerien und Ämter belagern und vor den Gebäuden Barrikaden errichtet haben.

Am Dienstag zeigten dann die Anhänger von Suthep, wie ernst sie die Worte des Protestführers nehmen. Als Polizisten ausrückten, um besetzte Straßenkreuzungen zu räumen, trafen sie auf erbitterten Widerstand. Schnell waren ganze Straßenzüge in Tränengas gehüllt, flogen Wurfgeschosse und wurde laut Augenzeugen von beiden Seiten mit scharfer Munition geschossen. Drei Demonstranten und ein Polizist wurden offiziellen Angaben zufolge getötet, dutzende Menschen verletzt. Im Laufe des Nachmittags zog sich die Polizei, die rund 180 Demonstranten festgenommen hatte, wieder zurück.

Die Regierung hatte lange Zeit vermieden, hart gegen die Protestierenden vorzugehen - genau um eine derartige Eskalation zu vermeiden. Denn nun werden die Rufe lauter werden, dass das Militär, das schon oft in der thailändischen Geschichte geputscht hat, eingreifen soll.

Umstrittene Subventionen

Aber auch an einer anderen Front kommt Yingluck schwer unter Druck: Die Anti-Korruptionsbehörde hat Ermittlungen gegen die Regierungschefin aufgenommen. Der 46-Jährigen droht damit ein Amtsenthebungsverfahren. Es geht dabei um ein umstrittenes Subventionsprogramm für Reisbauern. Die Regierung kauft den Landwirten - die zu ihrer Stammwählerschaft zahlen - Ernten über dem üblichen Marktpreis ab. Die Behörden werfen Yingluck vor, Warnungen vor einem Fehlschlag des Programms in den Wind geschlagen und Korruption befördert zu haben.

Die Ermittlungen sind laut Beobachtern ein zweischneidiges Schwert: Einerseits werden tatsächlich schon lange Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Programm erhoben. Andererseits glauben viele Anhänger der Regierung an kein faires Verfahren und meinen, die Ermittlungen seien der erste Schritt, um das Kabinett vom Richtertisch aus zu stürzen. Es wäre nämlich nicht das erste Mal, dass Thailands Gerichte eine Regierungspartei kurzerhand verbieten und absetzen.

Die Institutionen, die in einer Demokratie unabhängig agieren sollen, gelten in Thailand oft nicht als neutral. So wird die Richterschaft verdächtigt, Sympathien für die Protestbewegung zu hegen. Denn diese rekrutiert sich vorrangig aus der städtischen Mittelschicht und den alten Eliten, zu denen der Richterschaft ein Naheverhältnis nachgesagt wird. Die Regierung wird hingegen von der ärmeren Landbevölkerung, besonders im Norden des Landes, unterstützt. Yingluck Shinawatra setzt die Politik ihres 2006 vom Militär gestürzten und wegen Korruption verurteilten Bruders Thaksin Shinawatra fort, mit Sozialprogrammen die Masse der Bevölkerung für sich zu gewinnen.

Yingluck kann darauf zählen, die Mehrheit der Wähler hinter sich zu haben. Deswegen hatte sie für Anfang Februar Neuwahlen ausgerufen. Doch die Protestbewegung, die einen nicht gewählten Volksrat einsetzen will, boykottierte die Wahl. Ihr gelang es, etwa durch die Belagerung von Wahllokalen, das Votum in einigen Bezirken zu verhindern. Dort wird die Wahl nun im April wiederholt, vorher wird kein Ergebnis verkündet. Bis dahin könnte Yingluck aber schon gestürzt sein - nicht von den Wählern, aber von den Institutionen.