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Druck in der ÖVP für Rauchverbot

Von Karl Ettinger

Politik

ÖVP-Anhänger trugen "nicht unwesentlich" zu fast 900.000 Unterschriften für Volksbegehren bei.


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Wien/Graz. Die 881.569 Unterschriften für das "Don’t smoke"-Volksbegehren geben den Bestrebungen für ein Rauchverbot in der Gastronomie Auftrieb. Zwar ist von Koalitionsvertretern von ÖVP und FPÖ rasch abgelehnt worden, dass es nach dem "Kratzen" an der Marke von 900.000 Unterstützern zu einer Volksabstimmung über den Nichtraucherschutz in Lokalen kommt. Die Regierung möchte, dass es wie im Koalitionsabkommen vorgesehen erst ab 2022 nach Volksbegehren mit mehr als 900.000 Unterschriften verpflichtend zu Volksabstimmungen kommt.

Aber in der ÖVP mehren sich die Stimmen in Ländern und Städten für eine raschere gesetzliche Einführung des Rauchverbots beziehungsweise eine frühere Volksabstimmung über das Thema. Die türkis-blaue Koalition hat im Frühjahr das ab Mai geplante Rauchverbot in Gaststätten über Betreiben der FPÖ gekippt.

Schützenhöfer: Rauchverbot kommt früher oder später

Die Bundes-ÖVP verspricht eine ordentliche Behandlung des Volksbegehrens für den Nichtraucherschutz. Aus Koalitionsräson hält man aber am Plan fest, dass es erst Ende der Legislaturperiode zwingend zu Volksabstimmungen kommen soll, wenn Volksbegehren mehr als 900.000 Unterschriften erhalten. Vizekanzler FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache schloss allerdings zumindest nicht aus, dass ein Ausbau der Instrumente der direkten Demokratie schon vor 2022 erfolgen könnte.

Damit gerät die Volkspartei in die Zwickmühle. Der Druck von Landes- und Gemeindepolitikern steigt. So bekräftigte der steirische Landeschef Hermann Schützenhöfer (ÖVP) - ein langjähriger Verfechter des Rauchverbots in der Gastronomie - am Dienstag via Austria Presse Agentur: "Ich bleibe bei meiner Meinung: Dieses Rauchverbot wird kommen - früher oder später. Ich hoffe auf ein Umdenken der FPÖ." Ob es eine Volksabstimmung geben soll, sei aber Sache der Bundesregierung. "Ratschläge erteile ich denen intern", sagte Schützenhöfer.

Andere wie der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) drängen rasch auf eine Volksabstimmung zum Nichtraucherschutz. "Wenn ein Thema von Politikern nicht zu heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen", sagte er im "Kurier". Der Präsident des Gemeindebundes, der Niederösterreicher Alfred Riedl, tritt ebenfalls für einen Volksentscheid vor 2021 ein.

Der Erfolg des "Don’t smoke"-Volksbegehrens, das unter bisher 42 Volksbegehren in Österreich auf Platz sieben schaffte, geht auch auf Hilfe von ÖVP-Wählern zurück. Das zeigen Analysen des Sora-Instituts. Eine "nicht unwesentliche Unterstützung" sei von ÖVP-Wählern gekommen, erläutert Sora-Meinungsforscher Christoph Hofinger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Allerdings spiegle das Ergebnis auch den Unterschied zwischen der Opposition, die einen stärkeren Nichtraucherschutz fordert, und der Regierung wider. "Beim Rauchen ist es so, dass die FPÖ-Wähler ganz auf Regierungslinie waren und gegen die direkte Demokratie", analysiert Hofinger. Die FPÖ hat sich bisher stets für mehr direkte Demokratie starkgemacht.

Der Sprecher der "Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform", Ex-ÖVP-Klubobmann und Zweiter Nationalratspräsident Heinrich Neisser, sagte, die Regierung wäre "gut beraten", den Teil des Koalitionspakts zur direkten Demokratie vor 2022 vorzuziehen. 900.000 Unterschriften als Voraussetzung "könnten wir akzeptieren". Eine rasche Volksabstimmung zum Rauchverbot sei hingegen wegen notwendiger verfassungsrechtlicher Vorarbeiten "eher unrealistisch".

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will aber rasch eine parteiübergreifende Aktion für eine Volksabstimmung starten. Gewerkschafter und Vertreter der drei Oppositionsparteien drängen auf ein Rauchverbot. Die Volksbegehrensbetreiber, Wiener Ärztekammer und Krebshilfe, wollen "nicht nachlassen", die Politik in die Verantwortung zu nehmen.

Das Frauenvolksbegehren brachte es auf 481.906 Unterschriften, jenes der Christen-Partei für einen "ORF ohne Zwangsgebühren" auf immerhin 320.239 Unterstützer. Bei den Frauen seien Unterstützer hauptsächlich aus dem Spektrum "links der Mitte" gekommen", erläutert Hofinger. Beim ORF-Begehren habe die Kampagne in Social-Media-Kanälen der Freiheitlichen geholfen.

"Alarmismus um Demokratie ist übertrieben"

Die Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform legte auch ihren neuen Demokratiebefund vor. Für Neisser besteht "kein Anlass", jetzt "hysterisch" über den Bestand der Demokratie zu reden. Aber es gebe "Erosionsprozesse". So geißelte er unter Bezug auf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ): "Wer die Medien zu Adressaten seines Verfolgungswahns oder seiner Verschwörungstheorien macht, erweist der Demokratie keinen guten Dienst."

Umfragedaten des OGM-Instituts (800 Befragte, September) zeigen laut Leiter Wolfgang Bachmayer: "Jede Art von Alarmismus ist übertrieben." Aus Sicht der Bevölkerung, nicht der Eliten, sei die Demokratie in Österreich nicht in Gefahr. Was das Vertrauen in die Politik betrifft, gibt es sogar eine "Trendwende". Nach Jahren mit sinkenden Werten steigen Erwartungen und Vertrauen - einerseits, weil in die neue Regierung Hoffnungen gesetzt würden und Türkis-Blau weniger streite als Rot-Schwarz. Mit 53 Prozent hat aber noch immer eine Mehrheit Zweifel.

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