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"Druck sollte vermieden werden"

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik
Der Kärntner Josef Moser, seit 2004 RH-Präsident, fordert mehr Effizienz und Bürgernähe. Foto: Newald

Ruf nach Reform des Bildungssystems. | Moser: "Reform nicht auf eine Zahl reduzieren." |
§§"Wiener Zeitung": Seit Ewigkeiten wird versucht, eine Verwaltungsreform durchzuführen. Jeder ihrer Vorgänger hat sich den Mund fusselig geredet. Warum sind sie zuversichtlich, dass es jetzt klappt? * | Josef Moser: Wenn man nicht reformierbar ist, verliert man den Anschluss an die Zukunft. Daher gehe ich davon aus, dass die Bereitschaft und derzeit auch der Zwang da sind, Maßnahmen zu setzen.


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Wie geht es voran?

Wir haben im August 2007 Positionen zur Verwaltungsreform mit 206 Vorschlägen herausgegeben. Davon wurden bisher 60 Prozent umgesetzt. Unsere Vorschläge wurden auch in das Regierungsprogramm aufgenommen. Daraufhin wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Bei den bisher ausgearbeiteten Themen wie Bildung haben wir den Diskussionsprozess weitergebracht. Bei der Effizienz der Verwaltung gibt es mittlerweile sogar einen Ministerratsvortrag mit 32 Empfehlungen.

Aber das ist ja nur auf Bundesebene.

Im nächsten Schritt ist die Landesebene auch mit dabei. Am Dienstag wurden in der Arbeitsgruppe die Pensionen diskutiert. Da hat der Rechnungshof (RH) Bund und Länder verglichen. In der Steiermark, in Vorarlberg und dem Burgenland wurden die diesbezüglichen RH-Empfehlungen umgesetzt. Von einem Einsparungspotenzial von insgesamt 714 Millionen Euro wurden so schon 280 Millionen eingespart. Auch die anderen Länder haben Maßnahmen angekündigt. Am Dienstag wurde zudem vereinbart, dass alle Unternehmen, die der RH-Kontrolle unterliegen (etwa die ÖBB, Anm.), ihre Pensionssysteme ebenfalls durchleuchten. Es tut sich etwas. Es könnte zwar schneller gehen, aber das Problembewusstsein und die Reformbereitschaft sind da.

Staatssekretär Lopatka hat Strafzahlungen vorgeschlagen, um den Druck auf säumige Länder zu erhöhen. Ist das ein probates Mittel?

Ich bin für partnerschaftliche Verhandlung - Druck sollte erst die letzte Konsequenz sein und möglichst vermieden werden.

Sie fordern eine umfassende Reform. Was ist darunter zu verstehen?

Es ist immer von einer Gesamtstrategie auszugehen. Eine Einzelmaßnahme darf man nur realisieren, wenn sie ins Gesamtsystem passt. Ändere ich etwa im Bildungsbereich das Dienstrecht, muss das auch in die Bildungsziele und in die Aus- und Fortbildung einfließen. Jede Reform setzt sich aus Einzelpunkten zusammen, muss aber von einem gesamthaften Ansatz ausgehen.

Bleiben wir bei der Bildung. Es wird immer mehr Geld für die Schulen gefordert, gleichzeitig zeigen Studien, dass wir vergleichsweise viel Geld dafür aufwenden. Wo geht das verloren?

Im System. Beim Input liegt Österreich international im obersten Feld, die Leistungen sind aber höchstens mittelmäßig. Wir haben System- und Strukturmängel, dementsprechend ist die Qualität. Dafür gibt es verschiedenste Ursachen: Die Struktur selber, das Controlling, die Bildungsstandards, das Dienstrecht, das Gebäudemanagement - lauter Einzelteile, die in Summe sehr viel Geld benötigen, aber nicht die nötige Effizienz haben. Diese Effizienz müssen wir jetzt heben. Wir brauchen das Geld, um die Qualität in den Schulen zu heben.

Wichtig ist auch, dass die Autonomie der Schule gestärkt wird. Der Direktor muss die Möglichkeit haben, über die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu verfügen. Er hat die Verantwortung, dass die Qualität der Schule stimmt. Dazu muss man ihm die Verantwortung geben, dass er die Lehrer einstellt, aber auch entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen ziehen kann, wenn es nicht passt.

Das Schul-Papier des Rechnungshofs ließ eine Frage unbeantwortet: Gesamtschule oder nicht?

Das ist eine politische Entscheidung, da wird sich der Rechnungshof nicht einmischen.

Sie wollen, dass das in der Bildung eingesparte Geld in der Bildung bleibt .. .

Genauso bei der Gesundheit. Man kann mit Einsparungen bei der Gesundheit keine Budgetsanierung durchführen. Aber: Wenn wir die Potenziale im Gesundheitsbereich nicht heben, werden wir die künftigen Anforderungen nicht erfüllen können. Wir brauchen aufgrund der demographischen Entwicklung mehr Geld. Die Frage ist: Bekommen wir das Geld aus dem Budget oder aus dem System selbst, indem wir die Ineffizienz beheben? Wir müssen das Geld aus dem System holen, weil das Wachstum zu gering ist, um den zusätzlichen Bedarf damit aufzufangen. Bildung und Gesundheit sind Beispiele, dass viel Potenzial im System liegt.

Wo sehen Sie Möglichkeiten, das Budget zu entlasten?

Das geht im Bereich der Pensionen, der Verwaltung, wir können Ressourcen zusammenfassen: Wir haben derzeit zum Beispiel ein Bundes- und neun Landesstatistikämter. Wir haben im öffentlichen Bereich viel Personal, das nicht mehr entsprechend eingesetzt wird, dort kann man umschichten. Es gibt zig Bereiche, wo man ansetzen kann, um das System qualitätsvoller, effizienter und bürgernäher zu machen.

Aber man soll bei einer Verwaltungsreform nicht nur fragen: wo kann ich einsparen, sondern auch: wie setzte ich die zur Verfügung stehenden Mittel optimal ein. Diesbezüglich sind auch Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß sind oder nur eine Rechtfertigung haben, weil sie historisch gewachsen sind, zu überarbeiten und anzupassen.

Stellen Sie damit den Föderalismus in Frage?

Keineswegs. Die Leistung soll dort erbracht werden, wo sie optimalen Nutzen bringt. Jede Ebene hat ihre Berechtigung und jene Aufgaben zu erfüllen, die sie am besten erfüllen kann.

Wieviel ist bei einer Verwaltungsreform überhaupt zu holen? Kann man das beziffern?

Das würde ich nie tun, weil man dadurch eine notwendige Reform auf eine Zahl reduziert.

Das haben Sie aber getan.

Nur dort wo ich es mit konkreten Prüfungsfeststellungen belegen kann. Wir haben gesagt, im Rahmen der Verwaltung können wir eine Milliarde einsparen, bei den Pensionen 714 Millionen, bei den ÖBB gibt es ein Potenzial von 1,2 Milliarden, bei den Krankenanstalten eines von 2,9 Milliarden. Verkürzt man Asylverfahren auf 12 Monate, erspart man sich 325 Millionen Euro. Diese Zahlen sind auf konkrete Prüfungen zurückzuführen. Ich mach es Ihnen aber nicht so leicht, dass Sie schreiben können: "Der Rechnungshofpräsident sagt soundsoviele Milliarden."

Die RH-Kompetenzen sollen auf Gemeinden unter 20.000 Einwohner ausgeweitet werden. Wie sieht es da aus?

Generell sollten alle Gemeinden geprüft werden. Wir haben eine Kontrolllücke: Von 16 Milliarden Euro Gebarungsvolumen der Gemeinden sind derzeit elf Milliarden keiner unabhängigen Finanzkontrolle unterzogen. Eine sinnvolle Grenze wäre ein Budgetvolumen von zehn Millionen Euro, so würden 60 Prozent des Gebarungsvolumens der Gemeinden erfasst.

"Das Problembewusstsein und die Reform-

bereitschaft sind da."

"Man kann mit Einsparungen bei der Gesundheit keine Budgetsanierung durchführen."