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"Auf Wachstum zu pochen, aber kein Geld hergeben zu wollen, ist unlogisch."
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"Wiener Zeitung":Bei den Verhandlungen um den EU-Haushalt pochen etliche Länder auf Budgetkürzungen. Österreich aber hat eingeräumt, dass es vielleicht künftig mehr für die EU zahlen wird.Johannes Hahn: Das ist eine realistische Einschätzung.
Kann Wien jedoch andere Nettozahler-Staaten mit diesem Realismus anstecken?
Die Länder, die mehr in die EU-Kasse einzahlen, als sie über diverse Fördertöpfe zurückerhalten, bilden keine homogene Gruppe. Es gibt welche, die eine andere Struktur der Ausgaben fordern. Die skandinavischen Staaten zum Beispiel wünschen sich, dass EU-Subventionen stärker in die Forschung fließen. Großbritannien wiederum steht an vorderster Front, wenn es um Kürzungen des gesamten Budgets geht.
Auf der anderen Seite steht eine große Gruppe von Ländern, die von den Mitteln für Infrastruktur profitieren. Sie warnen vor Kürzungen. Wie ist da eine Einigung möglich?
Ein Budget ist immer in Zahlen gegossene Politik. Und bei den Verhandlungen darüber gibt es ein typisches Verhaltensmuster der Regierungen. Sie schauen vor allem darauf, aus welchen Fördertöpfen das Geld in ihr Land zurückfließt. Manche Staaten haben ein Interesse daran, dass die Subventionen für die Landwirtschaft weiter so üppig ausfallen wie bisher. Österreich etwa profitiert von der ländlichen Entwicklung. In der Hälfte der Länder machen Gelder aus dem EU-Regionaltopf wiederum ein Drittel der öffentlichen Investitionen aus. In sechs bis sieben Staaten beträgt der Anteil sogar zwei Drittel.
Wie ist das also alles vereinbar?
Die Staaten stehen unter großem Druck, bei ihrem Gipfeltreffen diese Woche zu einer Einigung zu kommen. Es ist viel Vorarbeit dafür geleistet worden. Eine Verständigung der Staats- und Regierungschefs bedeutet aber nicht das Ende der Debatte. Das EU-Parlament muss dem Budget ebenfalls zustimmen.
Das aber fordert, wie die Kommission selbst, mehr Geld für die EU.
Ich beklage jede einzelne Milliarde Euro, die gekürzt wird. Wir haben uns ja etwas bei unserem Budgetvorschlag überlegt. Bereits jetzt liegt der Fokus der Förderungen viel stärker auf Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Künftig sollen die Förderungen noch zweckgebundener sein. Es hat daher eine gewisse Unlogik, wenn Staaten auf Wachstum pochen, dann aber kein Geld dafür hergeben wollen.
Für die Regionalpolitik, für die Sie zuständig sind, sind mehr als 300 Milliarden Euro für sieben Jahre vorgesehen. Wie wird deren sinnvolle Verwendung sichergestellt?
Zum einen sollen vor allem jene Projekte EU-Zuschüsse erhalten, dank denen die Wirtschaft angekurbelt wird und nachhaltige Jobs entstehen. Zum zweiten fordert die Kommission messbare Ziele, die am Ende der Förderperiode nachgewiesen werden müssen. Das können zum Beispiel Ausgaben für die Forschung sein. Außerdem werden wir Vereinbarungen mit den Regionen ausverhandeln, bevor die Förderungen dorthin fließen. Damit wird dem Gebiet bereits ein Rahmen mit klaren Zielen vorgegeben, in dem es sich bewegen kann.