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Neben den vielen sportlichen Duellen in allen nur erdenklichen Disziplinen, die uns dieser Tage rund um die Uhr beschert werden, fand im dieswöchigen "Radiokolleg" (Ö1) ein Duell ganz anderer Art statt, das freilich auch ein Thema von antik-olympischen Ausmaßen betraf, nämlich die Unendlichkeit. Zwei Mathematiker, Martin Goldstern und Rudolf Taschner, duellierten sich um die Frage, ob das Unendliche berechenbar sei. Fast eine halbe Stunde lang rangen die beiden Wissenschafter argumentativ gegeneinander, mitunter im griechisch-römischen Stil, dann wiederum unüberhörbar im Freistil. Während Goldstern - im Gefolge der mathematischen Pioniere Hilbert und Cantor - für das theoretische Hantieren mit Unendlichkeitsaxiomen plädierte, ist es für Taschner ein frivoles Spiel. "Sie rechnen mit dem Unendlichen, aber Sie verstehen es nicht", warf er seinem Kontrahenten vor. Taschner, ein solider Aristoteliker, also einer grundsätzlich erkennbaren Welt verpflichtet, hält das Rechnen mit dem Unendlichen buchstäblich für ein Spiel mit dem "Nichts". Goldstern konterte, dass es der Sinn der Mathematik sei, das "Denkmögliche zu erforschen". - "Ja, aber das ist eben nicht möglich!" - So ging es Schlag auf Schlag.
Man könnte sich die beiden Herren auch gut mit Boxhandschuhen im Ring vorstellen, vom unverwüstlichen Sigi Bergmann kommentiert, das wäre sicher ein unendliches Vergnügen.