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Peru folgt Trend in Lateinamerika. | Umfragen sehen Garcia knapp vorn. | Berlin/Lima. (Reuters) Die peruanischen Wähler entscheiden sich am Sonntag zwischen zwei linksorientierten Kandidaten für das Präsidentenamt: dem gemäßigteren Alan Garcia und dem Nationalisten Ollanta Humala. Damit liegt das Land im lateinamerikanischen Trend. Bereits jetzt werden Dreiviertel der etwa 355 Millionen Südamerikaner von links-gerichteten Führungen regiert.
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Konservative Politiker wie die Unternehmer-freundliche Kandidatin in Peru, Lourdes Flores, haben derzeit nur in wenigen Ländern Chancen. Flores musste nach der ersten Runde der Wahl Anfang April aufgeben. Die Wähler sahen sie in der Tradition von Politikern wie dem ehemaligen argentinischen Präsidenten Carlos Menem in den 90er Jahren. Diese privatisierten etliche Staatsbetriebe, allerdings oft ohne deren Monopole vorher zu zerschlagen. Zudem senkten viele Regierungen dieser Prägung auf Geheiß etwa des Internationalen Währungsfonds (IWF) das Budgetdefizit - allerdings auch, indem sie die ohnehin sehr niedrigen Sozialleistungen einschränkten. Gleichzeitig öffneten sie die Märkte ihrer Länder.
Reformverlierer wählten radikaleren Weg
Die Mehrheit der Lateinamerikaner hatte dabei das Nachsehen. "Das Wirtschaftswachstum, so es das denn überhaupt gab, ist nicht unten angekommen", sagt Detlef Nolte, stellvertretender Direktor des Instituts für Iberoamerika-Kunde in Hamburg. 1 990 lebten der UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und der Karibik (Cepal) zufolge auf dem Subkontinent 48,3 Prozent unterhalb der Armutsgrenze. 2004 waren es noch immer 41,7 Prozent. Zahlreiche Lateinamerikaner hatten angesichts der sozialen Härten, die ihnen ihre Regierungen zumuteten, einen größeren Rückgang erwartet.
"Viele Wähler haben da die radikalere Option versucht", erklärt Nolte. Die Welle fing 1998 mit der Wahl von Hugo Chavez zum Präsidenten in Venezuela an. 2002 folgte Luiz Inacio Lula da Silva in Brasilien, im Dezember der frühere Koka-Bauer Evo Morales in Bolivien.
Dennoch ließen sie sich nicht über einen Kamm scheren, meint die Leiterin des Referats für die Region bei der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung, Dörte Wollrad. Beispiel Peru: Humala nennt Wollrad "nationalistisch, populistisch", Garcia tendiere dagegen zum "geläutert pragmatischen" Lager der Linken.
Humala kündigt an, die "Bodenschätze in den Dienst des Volkes zu stellen". Gold, Silber und Kupfer werden zur Zeit vor allem von ausländischen Unternehmen ausgebeutet. Der Anwärter auf das Präsidentenamt bestreitet jedoch, dass er damit Verstaatlichungen meint - wie es Morales in Bolivien mit dem Erdgas vorgeführt hat.
Auf der Spur von Chavez und Morales?
Einen Freihandelsvertrag mit den USA lehnt er ab, weil dieser Peru für subventionierte Produkte aus dem Norden öffnen würde. Die Bauern - zumeist Indios - sollten ihre Koka-Pflanzen als Grundstoff von medizinischen oder anderen legalen Produkten verkaufen dürfen. Chavez, der durch aggressive Rhetorik gegen die USA und einen harten Kurs gegen ausländische Konzerne auffällt, unterstützt Humala. Zu diesem Lager will Garcia nicht gehören. Er schlägt in der Wirtschaftspolitik moderatere Töne an. So spricht er nur davon, eine Erhöhung der Steuern für ausländische Bergbau-Unternehmen zu erwägen. Seine Zusagen, das Budgetdefizit bei etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu halten, sind Balsam auf die Seelen der Investoren. Eine Inflationsrate von 7.000 Prozent wie während seiner ersten Präsidentschaft 1985 bis 1990 will er verhindern.
Und Garcia kritisiert nur Details des Freihandelsvertrags mit den USA. Dazu verspricht er geradezu sozialdemokratische Reformen: die Bezahlung von Überstunden, Arbeitszeitverkürzung und Kampf gegen private Stellenvermittler, die von den Arbeitssuchenden hohe Provisionen verlangen.
Die Prognosen geben Garcia die besseren Chancen. Sein Vorsprung auf Humala ist in letzter Zeit allerdings gesunken. Im Kopf-an-Kopf-Rennen wird wohl die große Zahl der bisher Unentschlossenen den Ausschlag geben.