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Duldung, Hingabe oder doch Unzucht?

Von Christoph Rella

Politik

Käuflicher Sex: Neun Landesgesetze. | Über Puffs, den Strich und Strafen. | ÖVP Wien fordert Bordellgesetz. | Wien. Neun Länder, andere Sitten. Zumindest was die gesetzliche Grundlage für die Ausübung von Prostitution, des ältesten Gewerbes der Welt, betrifft, kennt die österreichische Rechtsordnung mehrere, mitunter abweichende Definitionen und Bestimmungen.


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So wird etwa das, was im Prostitutionsgesetz der Bundeshauptstadt als "Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper" bezeichnet wird, in Tirol konkret als "gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechtes" und damit als Angelegenheit zwischen heterosexuellen Paaren definiert. Überhaupt verboten ist "die Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht", wie es im Sittenpolizeigesetz wörtlich heißt, in Vorarlberg.

Demnach ist im Ländle käuflicher Sex nur in behördlich bewilligten Etablissements, den Bordellen, erlaubt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es laut "Sophie", der Volkshilfe-Initiative für Prostituierte, hinter dem Arlberg bis heute kein einziges bewilligtes Bordell gibt. Ähnlich streng ist das Sex-Gewerbe in Tirol, Salzburg, Kärnten und Oberösterreich geregelt. Prostitution außerhalb von Bordellen ist hier verboten, die behördliche Bewilligung von Freudenhäusern gesetzlich an mehrere Voraussetzungen gekoppelt. So schreiben die Landesgesetze etwa vor, dass Bordellbetreiber Staatsbürger oder EU-Bürger sein sowie ein einwandfreies Leumundszeugnis vorweisen müssen.

20.000 Euro Strafe

Keine zwingende Regelung für den Betrieb von Bordellen gibt es in den östlichen Bundesländern Burgenland, Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Etablissements wie im Westen gibt es hier offiziell nicht. Dafür wird zumindest die "Anbahnung von Prostitution" im öffentlichen Raum geduldet. Generell für Strichmädchen tabu sind etwa Bahnhöfe, Kirchen, Schulen, Spielplätze oder Heil- und Pflegeanstalten. Die Bannmeile liegt meistens bei 150 bis 200 Metern. Aber es gelten auch zeitliche Einschränkungen: So ist der Strich in Wien zwischen 20 Uhr und 4 Uhr früh im Sommer und ab 21 Uhr bis 4 Uhr früh im Winter erlaubt. Nur im ersten Bezirk dürfen die Mädchen erst ab 23 Uhr werben.

Darüber hinaus können Bezirke und auch Gemeinden bestimmte Gebiete zu Sperrgebieten erklären. Allein das führt nicht immer, wie ein Fall in Oberwart gezeigt hat, zum gewünschten Erfolg. Dort wurde 2007 ein "Bordell"-Verbot des lokalen Gemeinderates - es handelte sich tatsächlich um eine Maßnahme gegen getarnte Bars und Nachtlokale - vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Begründung: Das Verbot untergrabe die unternehmerische Freiheit.

Was wiederum alle Bundesländer zwischen Wien und Vorarlberg gemein haben, ist die polizeiliche Registrierung und die damit verbundene Verpflichtung der Prostituierten, sich jede Woche einer amtlichen Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen. Der Besuch im Ambulatorium wird in einer persönlichen Kontrollkarte, dem so genannten "Deckel", vermerkt. Wer ohne dieses Dokument am Strich arbeitet, riskiert eine saftige Verwaltungsstrafe. In Salzburg beträgt die Strafe beispielsweise zwischen 10.000 und 20.000 Euro, in Wien und den meisten übrigen Bundesländern zwischen 550 und 14.500 Euro.

Weitaus gefährlicher leben jene Mädchen aus dem Ausland, die über keinen rechtmäßigen Aufenthaltstitel verfügen. Ihnen droht die Abschiebung. Neben der illegalen Prostitution ist für die Gesetzeshüter aber auch die Kriminalität im Rotlicht-Milieu ein Problem.

Darüber, wie man diesem Problem Herr werden könnte, wird in Wien - im Licht der letzten erfolgreichen Polizeirazzia in der Rotlicht-Szene - heftig diskutiert.

Bordellgesetz für Wien

So hat etwa der Sicherheitssprecher der ÖVP Wien, Wolfgang Ulm, am Montag die Schaffung eines Wiener "Bordellgesetzes" gefordert. Durch die Einführung eines offiziellen Genehmigungsverfahrens könnte man verhindern, dass sich eine kriminelle Szene entwickle, so der Politiker. Betreiber einschlägiger Lokale sollten demnach künftig eine Zuverlässigkeitsprüfung absolvieren müssen.

Im Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) will man von einem Bordellgesetz nichts wissen. Es werde aber an Maßnahmen zur Verbesserung der Lage gearbeitet. Erste Ergebnisse sollen im Juni vorliegen.